(rb) Pioniere stellen sich der Herausforderung „Grüne Schifffahrt“
Kein schmutziger Dieselruß in der Luft, kein lästiger Lärm: Die ELEKTRA ist eine Blaupause für klima- und umweltfreundliche Binnen- und Küstenschifffahrt und bis in entscheidende Details durchdacht, wie z.B. die Wahl des Haupt-Energieträgers zeigt: Denn die Brennstoffzelle wird nicht mit gewöhnlichem, sondern grünem Wasserstoff betrieben - grün, weil er mit Hilfe von Windkraft-Ökostrom im Elektrolyseverfahren aus Wasser gewonnen wird.
Unter der Projektleitung von Schiffbau-Ingenieur Professor Gerd Holbach und seinem Team vom Fachgebiet Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme der TU Berlin entwickelt, hat die ELEKTRA gut zwei Jahre Bauzeit auf der Schiffswerft Hermann Barthel in Derben (Sachsen-Anhalt) hinter sich. Neben der BEHALA, der Berliner Hafen-und Lagerhausgesellschaft (Logistik) sind weitere Unternehmen aus dem Bereich Energie- Antriebstechnik und Schifffahrt an dem Projekt beteiligt.
ELEKTRA in der Langzeiterprobung
Inzwischen hat die ELEKTRA rund 2.500 Kilometer auf nahezu allen Berliner Gewässern und in Brandenburg zurückgelegt. „Und das ohne nennenswerte Probleme oder gar Ausfälle.“, wie Projektleiter Professor Gerd Holbach betont. Bislang hat das Schubboot seine Aufgaben im Probebetrieb gut gemeistert und beispielsweise ca.1.500 Tonnen Stahlschrott aus Berlin zum Stahlwerk gefahren.
Im Schubverband mit dem beladenen Schwergutleichter URSUS erreicht die ELEKTRA eine Reichweite von gut 400 Kilometern. 750 Kg gasförmiger Wasserstoff und eine Batteriekapazität von ca. 2.500 Kilowattstunden an Bord sollen das möglich machen.
Die erste Fernfahrt steht der Projektleitung zufolge jedoch noch aus, dafür fehlen – aufgrund bürokratischer und liefertechnischer Hürden - noch die endgültigen Wasserstofftanks. Und ohne die ist eine Fahrt im Verband nach Hamburg, ohne dass zwischendurch Energie aufgenommen wird, nicht möglich. Bislang stehen an Bord der ELEKTRA nur Standard Stahlwasserstoffbündel, wobei jedes Stahlbündel 10 kg Wasserstoff enthält, während die selbstentwickelten Tanks 125 kg Wasserstoff je Bündel speichern können. An einen kommerziellen Betrieb sei voraussichtlich erst ab 2027 zu denken. Das hänge nicht nur mit den Tanks, sondern auch mit den Förderrichtlinien zusammen
Zukunft geht nicht ohne Investitionen
Bei einem Gesamtprojektvolumen von ca. 13 Mio. € hat sich auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) mit ca. 8 Mio. € Fördergeldern beteiligt.
Das Investment könnte sich für den Klimaschutz langfristig lohnen: Tatsächlich ist das herausragende Energiesystem der ELEKTRA so konzipiert, dass es auf viele Binnenschiffs- sowie Küstenschiffstypen übertragbar ist, wie der Projektleiter erläutert:
„Interessant ist einerseits die wirkliche Anwendung der „Blaupause“ auf andere sehr unterschiedliche Schiffstypen und anderseits der variierende Leistungsbereich, aktuell bis zu mehr als das Dreifache der jetzigen Leistung und mehr.“
Derzeit gebe es bereits entsprechende Anfragen und konkrete Ansätze zum Umbau eines Binnenfrachtschiffes und Neubau eines Behördenfahrzeugs. Doch damit die Vision „Grüne Schifffahrt“ zur Wirklichkeit werden kann, sind nicht nur Investitionen in Projekte wie die ELEKTRA selbst, sondern auch in die Infrastruktur nötig. Akkus müssen aufgeladen, Wasserstofftanks gewechselt werden können. Die elektrische Ladestation im Berliner Westhafen soll laut Professor Holbach in diesem Jahr fertig werden. Für den Hafen in Lüneburg werde es bald ein Vergabeverfahren geben. Gewillte und geeignete Firmen zu finden und die Beschaffung wichtiger Komponenten sicherzustellen – das ist auch eine der Herausforderungen, die ein solches Projekt mit sich bringt.
Faszination Schiffbau und die beruflichen Perspektiven
Das Institut für Talententwicklung hat die letzten Bauarbeiten auf der ELEKTRA im Mai 2021 mit der Kamera begleitet. In dem Film wird nicht nur das innovative, hybride und klimaneutrale Antriebskonzept anschaulich erklärt. Es wird zudem deutlich, wie viel Knowhow aus verschiedenen Ausbildungsberufen und Studiengängen im Schiffbau und noch dazu einem Forschungsprojekt wie der ELEKTRA steckt. Insofern bietet es auch an Technik und Klimaschutz interessierten jungen Menschen spannende berufliche Perspektiven.
Quellen:
https://www.tu.berlin/ebms/forschung/aktuelle-projekte/elektra-2
Weitere Infos:
https://www.ardmediathek.de/video/einfach-genial/einfach-genial-vom-28-november/mdr-fernsehen/Y3JpZDovL21kci5kZS9zZW5kdW5nLzI4MjA0MC80MjE4NzgtNDAyMzMy (Ab ca. Minute 11:56)
05.02.2024