FSJ – Zeit für praktische Erfahrungen
IfT: Luzie, warum hattest du dich für ein FSJ in der Pflege entschieden?
Luzie: Ich wusste schon immer, einfach im Büro sitzen ist nichts für mich. Da (im FSJ, Anm. d. Red.) ist man in Aktion, das war ja von vornherein klar: Man arbeitet mit Menschen, das war mir auch wichtig. Und Pflege ist wie Physiotherapie etwas aus dem gesundheitlichen Bereich, auch wenn es nicht das Gleiche ist.
IfT: Wie sah dein Ablauf im Krankenhaus damals aus?
Luzie: Der Frühdienst hat bei mir um 6 Uhr begonnen und war um 15 Uhr fertig. Spätdienst war von 11 bis 20 Uhr: Acht Stunden plus eine Stunde Pause. Die Übergabe ist immer das erste, was passiert. Man bespricht einmal alle Patienten, was sie haben, wie mobil sie sind, welche Medikamente sie bekommen haben und ob sie noch etwas Bestimmtes brauchen. Es ging dann damit los, die Vitalzeichen bei den Patienten zu messen und danach in der Pflege zu helfen: Waschen, Anziehen, zur Untersuchung fahren, von Untersuchungen abholen, Mittagessen anreichen, sofern die Patienten es nicht selbst können.
IfT: Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen?
Luzie: Tatsächlich wurde ich von der Pflege mehr überzeugt als gedacht. Ich dachte, ich mach das jetzt erst mal... Und am Ende hat es mir doch sehr gut gefallen. Damit hätte ich eigentlich anfangs gar nicht gerechnet, auch nicht damit, was man lernt, ohne wirklich in die Schule zu gehen. Man lernt schon den Umgang mit den Menschen und - auch den Umgang mit dem Tod. Jetzt nicht durch die Gespräche, sondern generell: Wie ist das eigentlich, wenn jemand stirbt, was passiert davor, was passiert danach?
IfT: Wie war das für dich, als du zum ersten Mal mitbekommen hast, dass jemand gestorben ist?
Luzie: Ich dachte es wird schwierig - aber es ging tatsächlich. Du begleitest ihn (den Menschen, Anm. d. Red.) ja schon vorher, du kannst dich darauf einstellen, du weißt, was passieren wird. Also traurig war ich schon, aber ich wusste, was passiert.
Eigene Grenzen erkennen, Pläne überdenken und neue Chancen ergreifen
IfT: Das Krankenhaus war dann aber doch nicht das Richtige und du hast dein FSJ dort nach 9 Monaten vorzeitig beendet. Warum?
Luzie: Weil es einfach doch ein sehr stressiger Alltag war. Ich war sehr viel müde, hatte kaum noch Zeit für mein Privatleben und hab dann gesagt, jetzt mach ich erst mal einen „Cut“ im Krankenhaus. Ich bin dann als Teilzeitkraft (in der Altenpflegehilfe, Anm. d, Red.) in ein Altenheim gewechselt.
IfT: Und da bist du jetzt noch. Wie sieht da jetzt dein Alltag aus?
Luzie: Du lebst eher den ganz normalen Alltag der Bewohner, ohne die ganzen Untersuchungen. Man hilft ihnen morgens, setzt sich mit ihnen an den Frühstückstisch. Man spielt mal mit ihnen Brettspiele oder Stadt, Land, Fluss oder kognitive Spiele. Manchmal puzzlen wir auch. Es kommt auch auf den Tag an und worauf die Leute Lust haben.
IfT: Wie kam es dann dazu, dass du deinen ursprünglichen Plan, die Ausbildung zur Physiotherapeutin verworfen hast?
Luzie: Ich hatte zwischendurch ein Praktikum in der Physiotherapie gemacht und ich fand es einfach nicht so interessant wie die Pflege. Es war einfach nicht das gleiche Gefühl. Ich kam nach den ersten zwei Tagen nach Hause und ich hatte schlechte Laune. Der Tag war nicht so schön, wie wenn ich aus der Pflege kam.
IfT: Im Oktober startest du deine Ausbildung zur Pflegefachkraft und wirst den Praxisteil auch in deiner jetzigen Einrichtung verbringen. Was hat dich letztlich am meisten überzeugt, dass Pflege die richtige Berufsrichtung für dich ist?
Luzie: Die Dankbarkeit der Menschen! Zu 100 Prozent! Auch wenn es nur ein Glas Wasser einschenken ist: Diese Dankbarkeit, die da zurückkommt, weil sie es nicht selbst können – das ist krass!
Herausforderungen meistern und Teamgeist erleben
IfT: Sicher gab und gibt es immer wieder auch herausfordernde Situationen. Was hast du da erlebt und wie war das für dich?
Luzie: Herausfordernd...Ja, es gibt heute noch Situationen, wo ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Zum Beispiel bei Demenz, wenn dann irgendwelche Fragen aufkommen. - Oder wenn jemand palliativ * (*Palliativmedizin kommt zum Einsatz, wenn keine Aussicht auf Heilung besteht, Beschwerden wie Schmerzen z.B. nur noch gelindert werden können, Anm. d. Red.) ist und der dich dann anguckt und sagt: "Ich glaub, ich sterbe…“ - wie du da richtig mit umgehst. Das ist schon schwierig.
IfT: Bis du dann unsicher oder wie fühlst du dich in dem Moment?
Luzie: Schon unsicher, wie du richtig reagierst, was du dann sagst, dass der Mensch sich dann trotzdem gut fühlt. Weil du kannst ja auch nicht lügen und sagen: „Das (Sterben, Anm. d. Red.) passiert nicht.“
IfT: Und was machst du dann?
Luzie: Da kann ich nur situativ handeln. Also gucken, wie ist der Draht zu den Patienten. Das ist immer situativ.
IfT: In deinem Team jetzt fühlst du dich sehr wohl und ihr erlebt auch lustige Momente. Erzähl doch mal...
Luzie: Wir saßen alle zusammen in der Übergabe. Dann kam eine Bewohnerin und hat sich dazu gesetzt. Das war auch gar kein Problem. Und sie hat gesehen, wie wir so reden und alle miteinander Spaß haben und sie guckt uns an und sagt: „Ach, Ihr seid doch echt ne nette Truppe!“ Und das war dann für alle total lustig (lacht), weil sie hört schlecht! Sie hat gar nicht gehört, worum es geht... Sie saß einfach nur mit uns da und das war das Erste, was ihr zu unserem Team einfällt. Das war schon lustig in dem Moment.
IfT: Was geht einem da durch den Kopf?
Luzie: Cool! Also auch, weil man selbst auch weiß, wenn man sich wohl fühlt, wie cool das ist. Und es ist auch schön, dass wir dieses Gefühl auch den Bewohnern vermitteln können.
IfT: Vielen Dank für das Interview, Luzie und alles Gute für deine Ausbildung!
17.07.2024