(ps) Die IT-Branche boomt: Weite Teile von Wirtschaft und Gesellschaft sind direkt oder indirekt von den Errungenschaften der Digitalisierung abhängig, und es ist kein Ende der Entwicklung in Sicht. Seit dem Semester 2007/08 steigen die Zahlen der Informatik-Studierenden kontinuierlich an, seit 2013/14 ist der vormalige Rekord von ‘03/04 gebrochen – heute liegen die Studierendenzahlen 65 Prozent über dem alten Rekordwert: Im Semester ‘21/22 waren mehr als 138.000 Studierende eingeschrieben. Hinzu kommen noch Fachkräfte aus verwandten Studiengängen sowie von zahlreichen IT-bezogenen Ausbildungen, die ebenfalls stetig an Popularität gewinnen. Nichtsdestotrotz mangelt es an Nachwuchsfachkräften – sogar in der Start-up-Szene, die von Anfang an immer eher junge Menschen begeistert und angezogen hat.
So viele KI-Start-ups wie nie
Wie nun eine Studie der ZEW Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH in Mannheim aufzeigt, boomt die KI-Szene in Deutschland. „Deutschland verfügt über eine ausgeprägte Start-up-Kultur im Bereich KI“, sagt Ko-Autor Dr. Christian Rammer vom ZEW. 2021 habe es so viele KI-Start-ups in Deutschland gegeben wie noch nie zuvor – über 3.000 Jungunternehmen befassen sich mit dem Thema. Und das sind keine kleinen Klitschen in den roten Zahlen: Nach durchschnittlich elf Monaten werde bereits Umsatz erwirtschaftet. Wie das Bundeswirtschaftsministerium berichtet, geht dies mit einer neuerlichen Welle von Start-up-Gründungen einher. Der Nvidia-Gründer Jensen Huang sieht mit dem KI-Boom sogar ein „neues Computerzeitalter“ heraufziehen, wie er Spiegel-Plus erzählt. Die KI-Branche sei laut ZEW gut vernetzt und auf Expansionskurs. Allein: Die fehlenden Fachkräfte erschweren die Entwicklung.
Hemmschuh Fachkräftemangel
Der angespannte Arbeitsmarkt habe laut ZEW messbare Effekte auf die Wirtschaftsentwicklung. Das „Wachstum der Branche [würde] wesentlich höher ausfallen, wenn die Unternehmen ihre freien Positionen besetzen könnten“, so Rammer. Es hätte ein gutes Drittel der Unternehmen 2022/23 ihre offenen Positionen nicht besetzen können. „KI-Start-ups, die stark wachsen, haben häufiger offene Stellen. Das knappe Fachkräfteangebot stellt sie vor große Herausforderungen. Dies unterstreicht, dass der Fachkräftemangel insbesondere wachstumsstarke KI-Start-ups bei ihrer Expansion behindert“, erläutert Dr. Sandra Gottschalk, ebenfalls Ko-Autorin der Studie.
KI für eine bessere Gesellschaft
Auch thematisch ist die KI-Branche für junge Menschen durchaus interessant. Vielen Unternehmen seien „ideelle Werte wichtiger als Profit“, so das ZEW. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass KI-Start-ups konkrete Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft angehen wollen. Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Probleme fallen stärker ins Gewicht als schnelles Wachstum oder hohe Einkommen zu generieren“, sagt Rammer. So bietet die Branche ein dynamisches Berufsumfeld, wirtschaftlichen Erfolg, gute Aufstiegschancen und sogar hehre Ziele – und muss dennoch über Fachkräftemangel klagen. Wie dieser Mangel adressiert werden kann, bleibt jedoch offen. Der IT-Sektor genießt bereits eine hohe Beliebtheit, Werbe- und Informationskampagnen laufen bereits seit Jahren intensiv sowohl eigenständig als auch über die MINT-Förderungen. Jedenfalls kurzfristig scheint hier also keine Besserung in Sicht zu sein.
Quellen:
https://idw-online.de/de/news818637
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/technologie/ki-boom-100.html
03.08.2023