(ps) Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, ist der „Anteil der Lehrkräfte ohne anerkannte Lehramtsprüfung von 5,9 % im Schuljahr 2011/2012 auf 8,6 % im Schuljahr 2021/2022 gestiegen“ – und er soll weiter steigen. Etwa das Land Niedersachsen wirbt mit einer Kampagne unter dem Titel „Wir brauchen Sie! Werden Sie Lehrkraft in Niedersachsen!“ mit nachdrücklichen Ausrufungszeichen. Wie groß die Not regional ist, zeigt auch das Beispiel Brandenburg: Dort reicht seit Sommer dieses Jahres bereits ein Bachelor-Abschluss, um als Quereinsteiger*in zu unterrichten. Deutschlandweit beträgt die Zahl der Quereinsteigenden knapp 61.000 im Jahr 2022.
Doch trotz der großen Nachfrage verliert das Lehramt offenbar massiv an Attraktivität. Die Zahl derer, die ihre Abschlussprüfungen in Lehramtsstudiengängen absolviert haben, betrug 28.700 im Jahr 2022. Zehn Jahre zuvor waren es noch über 10 Prozent mehr. Ähnlich die Lage bei den Studienanfänger*innen: 2022 haben 45.400 Studierende ein Lehramtsstudiengang begonnen, zehn Jahre zuvor waren es 7 Prozent mehr. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jede*r Studienanfänger*in auch bei dem Lehramtsstudium bleibt.
Die Frage der Nachwuchsgewinnung bleibt also trotz der Quereinsteigenden dringlich. Mithin stellen die bundesweit arbeitenden Quereinsteigenden nur etwas mehr als die Hälfte der jährlich frisch ausgebildeten Lehrkräfte. Deren Zahl müsste also regelrecht explodieren, um beim Lehrkäftemangel ernstlich Abhilfe zu schaffen. Da kann es verwundern, dass die zuständigen Kultusministerien sich beispielsweise gegen eine vollständige – faire – Arbeitszeiterfassung wehren, wie sie Bundesarbeitsminister Heil derzeit umsetzen will (wir berichteten). So werden Lehrkräfte derzeit nach Schulstunden bezahlt – die Arbeit zuhause, wie etwa Klausurkorrekturen, Unterrichtsvorbereitung etc. werden dagegen nicht als Arbeitszeit angerechnet.
Auch darüber hinaus sieht es mit Lösungsansätzen für die Lehrkräftegewinnung derzeit eher mau aus. Bezeichnenderweise liegen ferner keinerlei Vorschläge auf dem Tisch, die Schulen selbst zu attraktiven Lern-, Lehr- und Arbeitsorten zu machen. Allein schon der Renovierungsstau bei den Gebäuden selbst ist beträchtlich, ganz zu schweigen von teils stark veralteten Lehrmitteln, mangelnder Schulsozialarbeit, um hier nur wenige Beispiele zu nennen, wo sich etwas ändern muss. Denn so würden die Schulen (wieder) zu attraktiven, innovativen Arbeitsorten werden, die auch für potentielle Lehrkräfte anziehend wirken.
Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/10/PD23_N053_21.html
https://www.zeit.de/news/2023-06/21/landtag-verbeamtung-von-seiteneinsteigern-mit-bachelor
02.11.2023