(ps) Der Bologna-Prozess, der zur EU-weiten Angleichung der Studienabschlüsse führte, war ein langer Prozess, der in Deutschland sehr kritisch gesehen wurde. Waren doch die deutschen Diplome und Uni-Abschlüsse international bekannt und etwa der Dipl.-Ing. so etwas wie der Goldstandard unter den Ingenieursabschlüssen. Geblieben ist allein der Doktortitel, wenngleich heute immer mehr Universitäten auch Ph.D.-Programme anbieten. Neben der akademischen Kritik stand auch die Frage im Raum, was so ein Bachelor-Abschluss überhaupt wert ist. Politisch gewünscht waren junge, noch formbare Menschen, die mit robustem Grundlagenwissen ohne Überakademisierung rasch in der Wirtschaft einsetzbar sein sollten.
Auch unter den Studierenden überwog die Skepsis. Ein Thema des großen Bildungsstreiks 2009 war u.a. das Bachelor-Master-System und speziell die Tatsache, dass einem Bachelor kein gesicherter Masterplatz zusteht (was bis heute so ist). Noch 2014 titelte der Tagesspiegel mit der Zeile: „Studierende trauen dem Bachelor nicht“. Tatsächlich waren die Übergangsquoten vom Bachelor zum Master in den ersten Jahren deutlich höher. Doch sowohl bei den Studierenden, als auch in der Wirtschaft hat sich die anfängliche Skepsis gelegt. Zwar gibt es hier und da immer noch Kritik an den Bachelor-Abschlüssen bzw. der Qualifikation der Absolvent*innen. Insgesamt überwiegen heute aber die positiven Stimmen – was auch die Zahlen belegen.
Übergangsquote ins Masterstudium stabil
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ist die Übergangsquote ins Masterstudium stabil und liegt insgesamt bei 45 Prozent. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen Universität und Fachhochschule: Während an den Universitäten zwei Drittel (66 %) der Bachelor-Absolvent*innen ein Masterstudium aufnehmen, ist es an den Fachhochschulen lediglich ein knappes Drittel (31 %). Auch hinsichtlich der Fächergruppen gibt es große Unterschiede. So hat die universitätslastige Fächergruppe „Mathematik, Naturwissenschaften“ mit 79 Prozent die beste Übergangsquote, die fachhochschullastige Fächergruppe „Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ jedoch nur 33 Prozent. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern marginal: Frauen haben eine Übergangsquote von 45 Prozent, Männer von 46 Prozent.
FH-Bachelor ist in der Wirtschaft beliebt
Die Unterschiede bei den Übergangsquoten an Uni und FH haben verschiedene Gründe – ein wesentlicher ist jedoch, dass sich die Bachelor-Absolvent*innen der Fachhochschulen in der Wirtschaft großer Beliebtheit erfreuen. Hier spielt einerseits das anwendungsorientiertere Fächerprofil der Fachhochschulen eine Rolle, aber auch das umfangreichere Bachelorstudium selbst: Ein Uni-Bachelor dauert im Schnitt 6 Semester, an FH & Co. dauert er meist 7-8 Semester. Möglichkeiten wie das duale Studium verflechten die ohnehin wirtschaftsnäheren Fachhochschulen noch enger mit der Wirtschaft und zeigen damit schon früh berufliche Perspektiven, die oft schon mit einem Bachelor-Abschluss erreicht werden können. Hier zeigt sich deutlich, dass nicht allein der Abschluss über die Karriere entscheidet. Viel wichtiger ist es, die eigenen Karrierechancen und Möglichkeiten zu kennen – ein Aspekt, bei dem Universitäten noch von den Fachhochschulen lernen können.
Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/05/PD23_181_213.html
https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/bachelor-so-viel-ist-der-abschluss-wert-a-1069969.html
https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-04/bachelor-abschluss-chancen-jobmarkt-unternehmen-studenten
https://www.fau.de/2021/11/news/studium/kein-wechsel-von-bachelor-zu-master-fau-st-in-bildern/
https://www.tagesspiegel.de/wissen/studierende-trauen-dem-bachelor-nicht-3567184.html
23.05.2023