(ps) Das Klagelied über „die Jugend von heute“ ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Schon die Sumerer haben ihr Leid mit der Jugend auf Tontafeln verewigt – vor 5.000 Jahren. „Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte“, heißt es dort. Und so taten es ihnen viele Völker und Menschen gleich, und tun es bis heute – die europäische Kulturgeschichte hat seit der Antike eine Fülle jugendkritischer Zitate hervorgebracht. Allein schon die Phrase „die Jugend von heute“ lässt Kritik erwarten. Da mag es den Europäer völlig sprachlos zurücklassen, wenn Konfuzius schreibt: „Die Jugend ist mit Achtung zu betrachten; denn wie kann man wissen, ob die Künftigen nicht besser als die Heutigen sein werden?“
Die Generation Z, ein vergleichsweise schmaler Geburtenjahrgang, der gut 10 Prozent der Gesamtbevölkerung stellt, ist nun zwischen etwa 14 und 26 Jahren – beginnt also (bald) das Arbeitsleben oder steht noch relativ am Anfang. Wie von Alters her üblich wird auch diese Generation kritisch beäugt – und kommt dabei häufig nicht besonders gut weg. Die Generation sei faul, ja arbeitsscheu und nicht belastbar. Sprunghaft, schnell gelangweilt, betreuungsintensiv und ohne Frustrationstoleranz. Das geht so weit, dass selbst ein Generationenforscher, Rüdiger Maas im Interview mit N-TV, an die Jugend den „Appell“ richtet, „einfach mal sich durch[zu]kämpfen“.
Eine illoyale Generation?
Zu den härtesten Vorwürfen gehört, dass diese Generation ihren Arbeitgeber*innen gegenüber „illoyal“ seien. Rüdiger Maas sieht die Ursache hierfür einerseits in der Optionenfülle, die diese Generation beruflich hat, aber auch im mangelnden Durchhaltevermögen einer überbehüteten Jugend. Wenn es „ungemütlich“ werde, sprängen sie ab. Das sichere Gefühl, in Zeiten des Fachkräftemangels gebraucht zu werden, spielt auch eine Rolle: „In Fachkreisen gelten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Generation daher bereits jetzt als die illoyalsten Jobber aller Zeiten“, sagt Arbeitsmarktexperte Julian Stahl vom Online-Netzwerk Xing in der Tagesschau. Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob diese Generation „illoyal“ ist, weil sie es sozusagen vom Wesen her ist, oder ob sich die Jugend nicht einfach nur den Luxus erlaubt, nach Arbeitsbedingungen zu suchen, die ihren Vorstellungen entsprechen?
Die Kinder der Digitalisierung
Eine aktuelle Befragung von ResumeBuilder mit über 1.340 Führungskräften habe ergeben, dass die Generation Z „nicht motiviert genug“ sei und „auch nicht genügend Engagement im Job“ zeige. 65 Prozent der befragten Führungskräfte würden Mitglieder der Generation Z häufiger entlassen als Mitglieder anderer Generationen. Nicht klar wird hier allerdings, ob und mit welchen Mitteln sich die Führungskräfte um die neue Generation bemüht haben. Denn neben der umfänglichen Kritik machen die Studien zur Generation Z einen anderen Aspekt sehr deutlich: Diese Generation braucht und wünscht sich eine andere Form der Ansprache und des Umgangs miteinander.
Mithin betritt hier die erste Generation „vollständiger“ digital natives die Bühne, die nicht nur mit Computern und Konsolen großgeworden sind, sondern auch mit der Allgegenwart von Internet und sozialen Medien via Smartphone. Bei der Generation Z, die gänzlich Teil der digital natives ist, handelt es sich um Menschen, die mit und inmitten der Digitalisierung aufgewachsen sind. Und praktisch jede Äußerung, die online getätigt wird, ist mit einem Feedbacksystem verknüpft, man könnte es auch Belohnungssystem nennen, Likes, Sterne usw., sowie Kommentare. Wer hier aktiv partizipiert, setzt praktisch sein gesamtes Privatleben externen Bewertungen aus. Urlaubsfotos, das Essen, die neue Frisur, Meinungen, Gefühle, alles kann und wird heute digital geteilt. Die Jugendlichen unterhalten große Netzwerke und sind in der Regel auf diversen Plattformen gleichzeitig aktiv.
Diese Generation ist emotionsbewusst und geht auch „bei der Arbeit offener mit ihren Gefühlen um als das unter älteren Generationen üblich ist“, wie Nora Blum, Psychologin und CEO von Selfapy gegenüber Onlinemarketing.de erläutert. Eine Frage der Authentizität: Für die Jugendlichen gibt es keinen Grund, ihre ohnehin schon öffentlich geteilten Befindlichkeiten im persönlichen Kontakt plötzlich zu verheimlichen. Zugleich sind Emotionen allgemein ein wichtiger Ansprachekanal für die Jugendlichen. Nur was sie emotional berührt, wird wahrgenommen. Gleichzeitig sinkt allerdings die emotionale Bindung ans Unternehmen.
Das bedeutet auch, dass diese Generation sensibler für sich selbst bzw. die eigene psychische Gesundheit ist: Zu viel Stress, Überlastung, zu wenig Freizeit, unflexible Arbeitszeiten, schlechtes Arbeits- und Betriebsklima – alles Faktoren, die die junge Generation nicht mehr klaglos hinnimmt und im Zweifel lieber das Weite sucht. Die Jugendlichen haben gelernt: Swipe ich links, klicke ich weiter, bin ich mein Problem los. Aber womit lassen sich die jungen Menschen bei der Stange halten?
Mehr zu den Erwartungshaltungen der Gen Z und den damit verbundenen Herausforderungen und Chancen im 2. Teil zum Thema hier.