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Engagement und Ehrenamt

Gap Year – eine neue Tür öffnet sich

Aktive Pause zwischen zwei Lebensphasen

Bild von Freepik

Wenn sich der Schulabschluss nähert, wird auch die Frage drängender: was tun nach der Schule? Direkt mit Ausbildung oder Studium starten, oder Erfahrungen sammeln und was von der Welt sehen? Die Wissenschaft hat jedenfalls festgestellt: ein Gap Year führt oft zu erfolgreicheren Karrieren!

 

(ps) „Wie herrlich ist es, nichts zu tun und dann vom Nichtstun auszuruhn“ – sagte der Maler und Photograph Heinrich Zille. Und solche oder ähnliche Vorstellungen hat möglicherweise manch eine*r beim Wort „Gap Year“ – wörtlich „Lückenjahr“. Eine Lücke ist ja nichts anderes als eine Pause, also Beine hochlegen und Nichtstun, oder? Weit gefehlt! Das Gap Year ist eine wunderbare Möglichkeit, Lebenserfahrung zu sammeln, Einblick in die Berufswelt zu bekommen – und auf die eine oder andere Weise anderen zu helfen.

Die Bezeichnung als „Gap Year“ kommt aus den USA, wo es sich in den 1960er Jahren etablierte. In Deutschland fing alles 1954 mit dem christlich geprägten „Freiwilligen Diakonischen Jahr“ an und ist seit 1964 als „Freiwilliges Soziales Jahr“ (FSJ) auf Bundesebene geregelt. 2024 feierte das FSJ also schon seinen 60. Geburtstag – und bleibt eine Erfolgsgeschichte!

Seit 1964 sind eine Reihe weiterer Möglichkeiten hinzugekommen. Ein paar Optionen haben wir hier aufgelistet, um dir Geschmack auf die Chancen zwischen Schule und weiterer Karriere zu machen!

Viele Möglichkeiten – viele Chancen

Gap Year in Deutschland:

Das FSJ und seine Geschwister

Das FSJ ist heute nur eine Möglichkeit von vielen, das Gap Year zu bestreiten. Zunächst gibt es Alternativen zum FSJ, etwa das bekannte „Freiwillige Ökologische Jahr“, aber auch weniger bekannte Geschwister wie das „Freiwillige Soziale Jahr: Politik“ oder das „Freiwillige Soziale Jahr: Kultur“. Hier lohnt es sich, zu recherchieren!

In den Freiwilligen Jahren gibt es also nicht nur die klischeebeladene aber nicht minder lohnenswerte Möglichkeit, im Krankenhaus oder im Altenheim zu arbeiten. Auch etwa Gedenkstätten, Museen, Kindergärten, soziale Einrichtungen oder politische Träger und Institutionen bieten dir zahlreiche spannende Chancen!

Alternativ gibt es den Bundesfreiwilligendienst, der jedoch für die Jahre 2024 und 2025 vom Bundesfinanzminister mit einer Haushaltssperre belegt wurde, Anmeldungen sind derzeit also nicht möglich.

Praktika

Praktika sind ebenfalls eine gute Option, um ein Gap Year (das ja nicht zwangsläufig 12 Monate lang sein muss) zu füllen. Da die meisten Praktika unbezahlt sind, gibt es hier natürlich Finanzierungshürden. Aber wer noch zuhause wohnen bleiben darf oder in anderen Städten aufnahmewillige Verwandte oder Bekannte hat, sollte darüber ernsthaft nachdenken. Im Gap Year ist genug Zeit, um auch längere Praktika zu machen, und natürlich eine ganze Reihe von Praktika in verschiedenen Betrieben. Wer sich der Berufswahl noch nicht ganz sicher ist, bekommt so Gelegenheit, sich umfassend ein Bild zu machen. Schließlich kann eine Arbeit in dem einen Betrieb überhaupt keinen Spaß machen, im anderen aber total erfüllend sein. Es kommt halt auch auf die Chemie an, die Arbeitskultur im Betrieb und vor allem das Team. Dafür gibt es das Praktikum!

Freiwilliger Wehrdienst (FWD)

Neben dem Engagement im sozialen Bereich und den Praktika gibt natürlich auch den Klassiker: die Bundeswehr. Bis 2011 für alle Männer verpflichtend (oder der Zivildienst) ist der Wehrdienst heute ein freiwilliges Angebot, das mit vielen Möglichkeiten glänzt. Nach der 3-monatigen allgemeinen Grundausbildung kannst du in allen Bereichen der Bundeswehr – je nach Qualifikation und Interesse – arbeiten: von der Marine übers Heer bis zur Luftwaffe, aber auch in Bereichen wie der Verwaltung oder der Logistik. Zudem bietet die Bundeswehr im Anschluß die Möglichkeit, dort auch eine Berufsausbildung oder ein Studium zu absolvieren.

Gap Year im Ausland:

Internationaler Jugendfreiwilligendienst (IJFD)

Analog zum FSJ in Deutschland gibt es im Ausland den Internationalen Jugendfreiwilligendienst (IJFD). Kurz gesagt ist das ein FSJ, FÖJ & Co. im Ausland. In aller Regel gibt es hier auch Angebote für Unterkunft, Verpflegung und ein Taschengeld. Das IJFD bietet dir also neben der eigentlichen Tätigkeit zusätzlich die Chance, Auslandserfahrungen zu sammeln und in der Schule oder zuhause gelernte Sprachen zu verbessern und zu vertiefen.

Work & Travel; Farmstay

Eine intensiv mit Australien verknüpfte, aber längst nicht nur dort machbare Option ist „Work & Travel“. Das Prinzip ist denkbar einfach: Man beantragt ein Working-Holiday-Visum, fährt oder fliegt in das andere Land, arbeitet dort bei unterschiedlichsten Projekten mit und bereist dabei das Land. Damit ähnelt es der handwerklichen Walz, die Wanderjahre im Anschluß an einige traditionelle Handwerksberufe. Natürlich gibt es für Work & Travel heute auch Firmen und Vereine, welche die Organisation übernehmen und die Teilnehmenden betreuen. Dieses Angebot ist insbesondere für handwerklich interessierte Menschen geeignet und kann auch gut nach der Ausbildung absolviert werden. Das Zugangsalter ist nämlich 18 Jahre.

Ähnlich aber ganz anders ist der „Farmstay“. Wie der Name mit „stay“ schon andeutet, handelt es sich hier um eine längerfristige (mehrere Wochen bis Monate) Arbeit an einem Ort. Prinzipiell kann diese Variante aber auch ähnlich wie Work & Travel organisiert werden, mit einer Reihe von mehrwöchigen Aufenthalten. Je nach Farm lernst du hier alles über Landwirtschaft und Tierzucht. Und natürlich hast du auch hier die Gelegenheit, das Land zu bereisen und die Sprache zu vertiefen.

Au Pair

Beim Au Pair geht es um Kinderbetreuung in Familien im Ausland. Du wohnst also bei einer anderen Familie und bist in der Zeit für die Kinder mitverantwortlich. Daneben gehören leichte Haushaltstätigkeiten dazu, wie etwa Tisch decken, Geschirr spülen oder Betten machen. Kost, Logis und Taschengeld werden von der Gastfamilie gestellt und du hast natürlich Freizeit und freie Tage bzw. Urlaub. Auch hier lernst du die Sprache in- und auswendig und kannst später bei Bewerbungen für erzieherische Tätigkeiten glänzen. In Großstädten gibt es oft auch internationale KiTas, für die du damit interessant wirst. Und selbst wenn dein Weg nicht in die erzieherische Richtung führt, ist die Erfahrung, als Au Pair am Leben einer anderen Familie teilgenommen zu haben, unbezahlbar. Übrigens: natürlich auch für Männer!

Vom Nutzen des Gap Years

Im Gap Year geht es also offensichtlich nicht darum, sich vom Nichtstun auszuruhen. Aber für viele Berufe gibt es auch keine richtigen Möglichkeiten, sich im Gap Year damit auseinanderzusetzen. Ein Elektriker-Gap-Year oder ein Anwalts-Gap-Year gibt es nun mal – sieht man von den Praktika ab – nicht. Wer schon weiß, dass Soziales, Ökologie, Politik oder Kultur beruflich keine Optionen für die eigenen Interessen bieten, mag geneigt sein, kein Gap Year zu machen. Doch du darfst auf keinen Fall vergessen: ein Gap Year bringt dich eventuell beruflich nicht unbedingt näher ans Ziel – aber was das Gap Year für die Persönlichkeitsentwicklung leistet, ist unbezahlbar!

Alle Ergebnisse aus Umfragen und Forschungen sind sich in diesem Punkt einig. Die Absolvent*innen von Gap-Year-Programmen betonen einen Zuwachs an Selbstvertrauen, Selbstorganisation und eine bessere Orientierung über die eigenen Fähigkeiten, Stärken, Schwächen und Interessen. Es gibt hier eine ganze Reihe von Soft Skills, die angeeignet werden: neben dem Selbstvertrauen auch die Fähigkeit, andere Perspektiven einzunehmen, Kulturverständnis, emotionales Lernen, Problemlösefähigkeiten, Sozialkompetenzen und so weiter. Die Arbeitgeber*innen bestätigen dies und sind von den Kompetenzen der Menschen mit Gap Year in aller Regel überzeugter, als von jenen ohne Gap Year – auch dann, wenn das Gap Year nicht unbedingt dem Berufsprofil entspricht.

Und zu guter Letzt hat auch die Forschung das Thema beleuchtet und kommt relativ übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass auch die Entwicklung der Karrieren von Menschen, die ein Gap Year gemacht haben, bessere Profile aufweisen. Allgemein treffen junge Menschen, die sich nach der Schule engagiert haben, bessere Berufswahlentscheidungen (messbar an der geringeren Abbrecherquote), leiden in der Folge seltener unter Burn Out, und sind erfolgreicher bei Beförderungen.

Insgesamt ist das Gap Year also eine enorm vielfältige Chance, dich persönlich und beruflich weiterzubringen. Ob dabei deine Persönlichkeitsentwicklung oder deine Berufswahl im Fokus steht, ist letztlich zweitrangig: so oder so wirst du Erfahrungen sammeln, die dich für den Rest deines Lebens begleiten und weiterbringen – im besten Sinne prägend!

 

 

23.07.2024

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