(ps) Wenn sich die Schulzeit dem Ende nähert, wird die Frage „Was tun nach der Schulzeit?“ langsam drängend. Da hat man sich fast so lange wie die Erinnerung zurückreicht im System „Schule“ befunden und ist darauf eingerichtet – und obwohl das Enddatum immer klar war, ist das Ende trotzdem irgendwie „plötzlich“ da. Viele nutzen diese Zäsur im Leben, um vor Ausbildung oder Studium noch etwas anderes zu erleben – sei es, um schon Erfahrungen im angestrebten Berufsfeld zu sammeln, sei es, um sich sozial zu engagieren, oder sei es, um einfach die Welt zu sehen. Egal, welche Gründe es sind – es lohnt sich!
Die Schule als Wegbereiterin ins Ehrenamt
Viele Schulen integrieren Engagement schon in ihren Stundenplan oder bieten besondere Angebote an, sich sozial zu engagieren. Ob als Schulsanitäter*in (bspw. in Kooperation mit den Maltesern), als Hausaufgabenhelfer*in für jüngere Schüler*innen oder im Rahmen projektorientierter AGs – zahlreiche Schulen bieten heute ihren Schüler*innen Chancen, sich sozial zu engagieren. In Nordrhein-Westfalen wird für Schüler*innen der 9. Klassen auch ein „Sozialführerschein“ angeboten, wo sie in Senioren- und Behinderteneinrichtungen oder in Kindergärten aktiv werden. Projekte wie der „Frei Day“ bieten Chancen, sich nicht nur zu engagieren, sondern das Engagement selbst zu entwickeln. Du musst also nicht unbedingt auf das Schulende warten, um aktiv zu werden.
Engagement: Anderen helfen – fürs Leben lernen
Unabhängig von der Art des sozialen Engagements, lohnt sich die Erfahrung immer. Einhellig berichten alle, die sich auf die eine oder andere Weise bei Freiwilligendiensten & Co. engagiert haben, dass sie in dieser Zeit nicht nur Wissen und neue Fähigkeiten hinzugewonnen haben. Zuvorderst steht immer die Erkenntnis, dass sie viel über sich selbst gelernt haben, über die eigenen Stärken und Schwächen, über ihre Interessen und nicht zuletzt über den eigenen Charakter. Die Friedrich-Schiller-Universität zu Jena hat diese Frage am Beispiel von Auslandsaufenthalten (Au-pair, Work & Travel…) wissenschaftlich untersucht und konnte deutliche Effekte aufzeigen: "Die Austauschschüler kommen aufgeschlossener, selbstsicherer und reifer als ihre Altersgenossen nach Hause zurück", sagt Henriette Greischel, die im Rahmen ihrer Promotion die Studie durchgeführt hat, in einer Forschungsmeldung der Universität. "Sowohl die Erfahrung der Selbstständigkeit als auch die interkulturellen Einflüsse dürften sich hier als besonders wertvoll erweisen."
So sehen das auch die Jugendlichen selbst: "Die weitreichendsten Veränderungen fielen mir aber erst einige Zeit später auf: Ich habe gelernt, Verantwortung – auch für meine eigenen Handlungen – zu übernehmen und bin viel selbstständiger geworden", befindet Lukas im Gespräch mit dem Blog von Austauschjahr.de – "Zudem hat mir das Auslandsjahr zu dem Selbstvertrauen verholfen, das mir davor fehlte." Aber diese Erfahrungen sind keineswegs auf Auslandsaufenthalte beschränkt. Auch das Engagement vor Ort fördert die Charakterentwicklung und ermöglicht neue Erkenntnisse über sich selbst. Es eröffnen sich neue Perspektiven, die selbst dann, wenn die Ehrenamtsstelle nichts mit dem späteren Beruf zu tun hat, den eigenen Horizont erweitern. Schließlich gilt es dort Verantwortung zu übernehmen, Kompetenzen im Umgang mit Menschen, mit der Arbeit in Teams und in Organisationen zu entwickeln. Es gibt Erfolgserlebnisse, aber man lernt auch durchzuhalten. Und bei all dem gehört zum Lohn das gute Gefühl, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft zu leisten.
Natürlich bringt das Engagement aber auch die eigene Karriere voran: Zum einen, ganz naheliegend, ermöglicht es dir, dich in einem Beruf oder Berufsfeld schon mal umzusehen. Vor allem – aber nicht nur – im sozialen Bereich bieten sich hier viele Chancen: Kindergarten und KiTa, Krankenhaus, Alten- und Pflegeheime, Rettungsdienst, Bildungswesen und Schulen, Landwirtschaft und Ökologie, in Behörden, und, und, und… Zum anderen macht sich das Engagement auch im Lebenslauf, in der Bewerbung gut: Die Arbeitgeber*innen sehen und schätzen die zusätzlichen Erfahrungen, die du jenen, die direkt aus der Schule in die Ausbildung oder ins Studium gegangen sind, voraus hast – denn auch die Arbeitgeber*innen wissen natürlich, dass dieses Engagement Fähigkeiten, Horizont und Charakter schult und erweitert.
Engagement liegt im Trend
Zahlen des Bundesfamilienministeriums zeigen deutlich: Engagement liegt im Trend. Im jüngsten Freiwilligensurvey von 2021, der alle fünf Jahre erhoben wird, zeigt sich auch das hohe Niveau: rund 28,8 Millionen Menschen, etwa 40 Prozent der Bevölkerung, haben sich freiwillig engagiert. Dabei ist der Anteil von Frauen und Männern annähernd ausgeglichen – denn diese knapp 30 Millionen Menschen haben erkannt, was auch das Familienministerium schreibt: „Ob bei der Sportgruppe für Kinder, bei der Essensausgabe an Bedürftige oder bei der Freiwilligen Feuerwehr, für den Umweltschutz oder in politischen Belangen – freiwilliges Engagement ist eine zentrale Säule der Gesellschaft.“
Seit 1999 ist der Anteil der freiwillig Engagierten um annähernd 10 Prozent gestiegen. Bei der Gruppe der „14- bis 29-Jährigen liegt der Anteil der Engagierten bei 42,0 %.“ In allen Altergruppen hat das Engagement in den letzten 20 Jahren zugenommen. Die Bereiche sind dabei so vielfältig wie die Gesellschaft selbst: „Die meisten Menschen engagieren sich im Bereich Sport und Bewegung mit 13,5 %. Es folgen die Bereiche Kultur und Musik mit 8,6 %, der soziale Bereich mit 8,3 % sowie Schule und Kindergarten mit 8,2 %.“
Vielfältige Möglichkeiten
Wer tätig werden möchte, hat eine große Bandbreite unterschiedlichster Möglichkeiten – es lohnt sich, gut zu recherchieren, denn für buchstäblich jedes Interesse ist etwas dabei. Am bekanntesten sind dabei die Angebote des Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ) und des Freiwilligen Ökologischen Jahrs (FÖJ). Aber schon hier gibt es noch zahlreiche Spezialkategorien, die interessante Optionen bieten: beispielsweise kann ein FSJ auch mit Schwerpunkten auf Denkmalpflege, Kultur, Politik, an der Schule oder im Sportbereich absolviert werden.
Daneben kann das Engagement auch in Form von „klassischem“ Ehrenamt oder Freiwilligenarbeit geleistet werden. Dies bietet die Möglichkeit, die Tätigkeit später auch ausbildungs-, studiums- und dann berufsbegleitend fortzusetzen. Klassische Träger sind hier Sportvereine, THW und Freiwillige Feuerwehr. Ebenso gibt es Chancen im kirchlichen Bereich, den Johannitern oder Maltesern, in der Jugendarbeit, bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und bei zahlreichen anderen Trägern.
Und nicht zuletzt gibt es auch viele Möglichkeiten im Ausland - sogar annähernd so viele wie hierzulande. Bekannt sind Work & Travel sowie Au-pair. Aber damit hört es bei weitem nicht auf: Im Ausland warten auch ökologische Projekte, vom Brunnenbau bis zum Wildtierschutz, es gibt soziale Projekte von Kinderdörfern bis zur Behindertenbetreuung, und vieles mehr. Hier besteht natürlich die Hürde, den „Sprung ins kalte Wasser“, ins unbekannte Ausland wagen zu müssen – doch das lohnt sich! Eine ganz neue Sicht auf die Welt, neue kulturellen Perspektiven und neue sprachliche Fähigkeiten sind es auf jeden Fall wert.
Kurzum: Es spricht nichts dafür, sich nicht zu engagieren!
Weitere Informationen (Auswahl)
FSJ-Zentralstelle (Bundesamt für Familie u. zivilgesellschaftliche Aufgaben):
www.fsj-zentralstelle.de/startseite
FÖJ-Informationen: foej.de
Jugendfreiwilligendienste (Bundesfamilienministerium): www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/engagement-und-gesellschaft/freiwilligendienste/jugendfreiwilligendienste
Arbeitsagentur Info:www.arbeitsagentur.de/bildung/zwischenzeit/freiwilligendienst-leisten
Ehrenamt an der Schule (Dt. Kinder- und Jugendstiftung): www.ganztaegig-lernen.de/ehrenamt-der-schule
Frei Day:frei-day.org
Sozialführerschein NRW:www.obk.de/cms200/ehr_int/ehr/ew/sf/
Unterrichtsmaterialien: Freiwillig engagieren – warum?:
https://jugend-und-bildung.de/arbeitsmaterial/freiwillig-engagieren-warum/
06.12.2023