(ps) Der große Weihnachtsrummel ist vorüber und für den Einzelhandel in den Innenstädten geht nun die Saure-Gurken-Zeit los. Es ist immer noch kalt, nass und dunkel, aber die Weihnachtsbeleuchtung und die Glühweinstände sind abgebaut und die Weihnachtsgeschenke verschenkt. In unseren Zeiten des Onlinehandels geht jetzt niemand in die Innenstädte, der nicht muss – oder es aus Überzeugung tut. Zugleich hört man landauf, landab die Klagen darüber, dass die Innenstädte verwaisen und an Attraktivität verlieren. Doch wer das eine haben will, muss auch das andere tun: Der Einzelhandel (und damit die Innenstädte) kann nur prosperieren, wenn die Menschen auch hingehen und dort einkaufen.
Onlinehandel nach Corona
Während der Coronajahre boomte der Onlinehandel nachvollziehbarerweise – und manche haben darin schon den letzten Todesstoß für den Einzelhandel gesehen, weil nun beinahe alle, auch jene, die vorher gerne vor Ort einkaufen gegangen sind, erleben würden, wie bequem der Onlinehandel eigentlich ist. Und tatsächlich mussten nicht wenige Geschäfte schließen oder haben nur mir großer Mühe überlebt. Wie das Forschungsinstitut des Handels, das EHI Retail Institute e.V., Ende 2023 aufzeigte, stiegen die Umsätze des Onlinehandels von 2019 auf 2020, dem ersten Coronajahr, um satte 33 Prozent, und von 2020 auf ‘21 nochmals um über 16 Prozent.
Dabei könnte 2022 nun der Beginn einer Trendwende sein: Wie das EHI weiter mitteilt, sank in jenem Jahr, nachdem das Gröbste der Pandemie vorüber war, der Umsatz des Onlinehandels das erste Mal überhaupt – um knapp 3 Prozent. Im gleichen Jahr stieg der Umsatz des Einzelhandels um über 8 Prozent. Zwar ist 2022/23 die Inflation als neues Problem hinzugekommen, doch hinsichtlich des Konsumverhaltens Online vs. Stationär lässt dies hoffen. Die vollständigen Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor, doch laut Statista liegen die Umsätze für die ersten drei Quartale 2023 im Onlinehandel bei 55,6 Milliarden Euro, in den ersten drei Quartalen 2022 bei 64,5 Milliarden Euro.
Bessere Erfahrungen beim Einkauf vor Ort
Ende 2023 stellte die Verbraucherzentrale Hamburg in ihrem „Verbraucherschutz-Pegel“ Ergebnisse zum Konsumverhalten der Menschen vor. Dabei ging es auch um negative Erfahrungen beim Einkauf: Wie die Verbraucherzentrale berichtet, hätten lediglich 31 Prozent der Befragten in den vergangenen 12 Monaten keine negativen Erfahrungen beim Online-Einkauf gemacht. Bei Einkäufen in den Läden vor Ort haben dagegen beinahe 60 Prozent keine negativen Erfahrungen gemacht. Auch in Puncto Sicherheitsgefühl beim Einkauf liegen die Ladenlokale vorn: Über alle Altersgruppen hinweg fühlen sich 55 Prozent der Befragten bei Käufen im Ladengeschäft sicherer als online – lediglich 11 Prozent sieht dies andersherum. Besonders bemerkenswert: Anders als möglicherweise zu erwarten wäre, fühlt sich die jüngste Gruppe der 18-34jährigen mit 65 Prozent besonders sicher vor Ort – mit nur 9 Prozent, die den Onlinehandel bevorzugen.
Gute Gründe für den Einzelhandel
Angesichts der derzeitigen Weltlage ist es schwierig, langfristige Prognosen abzugeben. Jedoch gibt es viele gute Gründe, auch in Zukunft von einem erfolgreichen Einzelhandel auszugehen. Angefangen damit, dass die Menschen schließlich möchten, dass es ihn gibt – sonst gäbe es keine Klagen über Innenstädte, in denen er (in ausreichendem Maße) fehlt. Viele Waren brauchen Beratung, Anprobe, man will sie anfassen können, oder riechen wie Parfums, usw. – das kann nur der stationäre Handel leisten. Und selbst die regelmäßig totgesagten Bücher, bzw. der Buchhandel, kann sich über stabile Umsatzzahlen und nicht zuletzt Nachwuchs freuen: Trends wie „BookTok“ (Bücherempfehlungen auf TikTok), „BookTube“ (auf YouTube) oder „Bookstagram“ (auf Instagram) begeistern Millionen junger Leser*innen – und trotz Onlinehandel und eBooks bleiben die stationären Buchhandlungen der größte Absatzmarkt.
Viele Berufsmöglichkeiten
Insofern steht die Ausbildung für Kaufleute im Einzelhandel zu Recht seit Jahren in den Top-10 der beliebtesten Ausbildungsberufe – sowohl bei Männern, als auch bei Frauen. Sie sind tätig im Lebensmittelhandel, in Bekleidungsgeschäften, Möbelhäusern, Elektronikfachgeschäften, im Spielwarenhandel, Parfümerien und vielen anderen Läden. Sie beraten Kund*innen, sind in Verkaufs- und Lagerräumen tätig, kassieren, kalkulieren Verkaufspreise, planen das Sortiment und vieles mehr. Daneben gibt es noch eine Reihe spezialisierter Ausbildungen, die sich auf eine Sparte konzentrieren, wie Buchhändler*in oder Drogist*in. Ebenfalls in den Innenstädten finden sich etwa Brillenfachgeschäfte (Augenoptiker*in), Hörgerätefachgeschäfte (Hörakustiker*in), Apotheken (Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte), Frisör*innen, Florist*innen usw. Der Einzelhandel und die sowohl räumlich wie inhaltlich benachbarten Geschäftszweige bieten also zahlreiche Möglichkeiten, die nur auf Dich warten!
Weitere Informationen:
Allgemeine Informationen zur Ausbildung für Kaufleute im Einzelhandel hat die Bundesagentur für Arbeit im Berufe-Net zusammengestellt. Dort finden sich auch Informationen zu allen anderen genannten Ausbildungsberufen.
Viele Ausbildungsbetriebe und Praktikumsplätze findest Du in unserer Suchbörse.
Quellen:
AusbildungsPark: „Ranking – Beliebteste Ausbildungsberufe 2023“: https://www.ausbildungspark.com/news/beliebteste-ausbildungsberufe-2023/
eCommerce magazin: „Onlinehandel: Umsatz geht in Deutschland erstmals zurück“: https://www.e-commerce-magazin.de/onlinehandel-umsatz-geht-in-deutschland-erstmals-zurueck/
Statista: „Brutto-Umsatz im Online-Handel in Deutschland vom 1. Quartal 2015 bis zum 3. Quartal 2023“: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/726899/umfrage/umsatz-im-online-handel-in-deutschland-quartalszahlen/
Tagesschau: „Einzelhandel erzielt 2022 Rekordumsatz“: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/rekordumsatz-einzelhandel-101.html
Verbraucherzentrale Hamburg: „Junge Menschen fühlen sich bei Einkäufen vor Ort sicherer als im Online-Handel“: https://www.vzhh.de/presse/junge-menschen-fuehlen-sich-bei-einkaeufen-vor-ort-sicherer-als-im-online-handel
05.01.2024