(ps) Ungefähr 50 Prozent der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Da ist es kein Wunder, dass die Aktivitäten der Landwirt*innen direkte Auswirkungen auf die Biodiversität, also etwa die Wildtiere, die Insekten oder die Wildpflanzen haben – und sogar das regionale Kleinklima beeinflussen. Aus der Landwirtschaft sind jedoch häufig Klagen darüber zu hören, dass staatliche Auflagen und Vorgaben, wie etwa Blühstreifen, wirtschaftliche und bürokratische Belastungen darstellen, deren Nutzen zudem fraglich sei.
Forschende der Uni Hohenheim verfolgen nun in Kooperation mit der TU München einen neuen Ansatz, um Biodiversität und Landwirtschaft zu vereinen, wie sie es formulieren. Erklärtes Ziel: „Biodiversität erhalten ohne landwirtschaftliche Produktivität zu reduzieren“.
Daten nutzbar machen
Der erste Schritt ist dabei, die vorhandenen Daten zusammenzuführen und somit erst nutzbar zu machen, wie Prof. Thomas Berger, Agrarökonom an der Universität Hohenheim, erläutert: „Uns stehen zwar immer mehr Daten aus der Nah- und Fernerkundung sowie diversen statistischen Erhebungen zur Verfügung, aber wir können sie bisher nicht recht zur Problemlösung nutzen, weil die Datenquellen unzusammenhängend und stark fragmentiert sind“.
Mit den Daten sollen dann großräumige Pläne erstellt werden. Es geht also zunächst nicht um den einzelnen Betrieb, der meist unter 100 Hektar bearbeitet, sondern um die „Landschaftsebene von 100.000 Hektar“ – denn hier erst zeigen sich die „ökologischen Auswirkungen“ der Betriebe zusammengenommen. Somit schafft das Forschungsprojekt auch Abhilfe bei dem Problem, dass es „wenig betriebsübergreifende Koordination“ unter den Landwirtschaftsbetrieben gebe, wie Prof. Senthold Asseng von der TU München erläutert. „Von der EU gibt es diverse Fördermittel für Maßnahmen zum Artenschutz, z.B. indem Landwirte Geld dafür erhalten, Blühstreifen anzulegen. Bislang legt jeder Betrieb für sich und ohne Koordination mit den Nachbarn die Blühstreifen irgendwo an. Insgesamt gesehen bleiben die Blühstreifen so ein zersplittertes Phänomen mit begrenzter Wirksamkeit.“
Kooperation für mehr Biodiversität
Eine mögliche Lösung des Problems: „Gruppenzahlungsprogramme für landwirtschaftliche Betriebe, die ihre Blühstreifen auf Landschaftsebene mit dem Einsatz Hybrider Intelligenz koordinieren.“ Mit Hilfe von KI sollen also „komplexe Daten über Bodenbeschaffenheit, lokale Biodiversität und ähnliche Faktoren“ analysiert und Standorte gefunden werden, „an denen betriebsübergreifende Umweltmaßnahmen besonders effektiv und die Ernteeinbußen möglichst gering wären.“
Weiterhin könne mit der KI auch moderiert werden – ähnlich wie ChatGPT können weitere Informationen, alternative Sichtweisen usw. eingespeist und „kreative Lösungen“ gefunden werden. Damit das System dann aber breitenwirksam eingesetzt wird, sehen die Forschenden allerdings auch Arbeitsbedarf bei der Struktur der heutigen Subventionen. Vom Konzept insgesamt sind sie jedoch überzeugt, wie Prof. Berger betont: „Die Aussichten sind sehr vielversprechend. Aber es besteht noch grundlegender Forschungsbedarf, um diese Technologie erfolgreich weiter zu entwickeln und anschließend zu implementieren. Hierfür benötigen wir die Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft.“
Quellen:
Uni Hohenheim: PM 11.04.2024, 11:46 : idw-online.de/de/news831709
Statistisches Bundesamt: Feldfrüchte und Grünland: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Feldfruechte-Gruenland/_inhalt.html
11.04.2024