(ps) „Es tobt eine überflüssige Debatte“, schreibt Markus Schögel von der Uni St. Gallen in einem Gastkommentar für die NZZ. Damit gemeint: die allerorten erhobenen Klagen über die Generation Z. „Gesellschaft und Unternehmen“ müssten aber einsehen, dass sich diese Generation, die zukünftigen Mitarbeiter*innen, „so massgeblich von den bisherigen Alterskohorten unterscheiden, dass man dringend die Arbeitswelt reformieren und generationengerechter gestalten muss.“ Und das nicht nur, weil die Generation Z ein „knappes Gut“ sei – sondern auch, weil sie neue Perspektiven und „Anwendungswissen“ in die Unternehmen mitbringen, die sie zukunftstauglich machen.
Es kann nicht oft genug betont werden, dass mit der Gen Z eine Generation den Arbeitsmarkt betritt, die substantiell anders aufgewachsen ist als alle Generationen vor ihr. Entsprechend sind andere Erwartungshaltungen als jene der vorigen Generationen nicht nur normal, sie waren auch erwartbar. „Festzuhalten bleibt, dass die Erfahrungswerte und Karrierewege in vielen Unternehmen nicht mit den technologischen und gesellschaftlichen Dynamiken synchronisiert sind“, schreibt Schögel. Mit anderen Worten: Viele Unternehmen haben den digital-sozialen Wandel verschlafen.
Entsprechend stellt sich für nicht wenige auch mit einem gewissen Zeitdruck die Frage: Was tun? Dabei ist eigentlich nur eines sicher: Es wird nicht auf die Schnelle gelingen, die Generation Z von ihren Forderungen abzubringen. Dem einzelnen Unternehmen bleibt also vorläufig nur sich auf die neue Generation zuzubewegen. Doch was will die Generation eigentlich? Wir haben einige Aspekte, die immer wieder vorkommen, herausgegriffen.
Neue Vorstellungen für die Arbeitswelt
Digitalisierung
Die Generation Z bringt eine ganze Reihe von Forderungen mit – die aber oftmals schlicht Ausdruck ihrer digitalen Sozialisation sind. Wer mit einem digitalisierten Leben groß geworden ist, wird eher Schwierigkeiten haben, sich mit Unternehmensabläufen anzufreunden, die noch aus der analogen Zeit stammen oder nur unzureichend digitalisiert sind. Einige Unternehmen haben hier schon viel getan, dennoch konstatiert das Bundeswirtschaftsministerium: „Die digitale Transformation ist bei vier Fünfteln der Unternehmen in der deutschen Wirtschaft noch schwach ausgeprägt und steht damit immer noch am Anfang.“ Selbst bei den großen Unternehmen habe erst „fast jedes zweite“, also nicht mal 50 Prozent, die „Reifegradgruppe ‘stark digitalisiert‘ erreicht.“
Feedback
Auch die Feedbacksysteme der sozialen Medien schlagen sich auf die Arbeitsvorstellungen der jungen Generation nieder: Keine andere Generation hat ein so großes Bedürfnis, mehr oder weniger ständig Feedback von ihren Vorgesetzten für die eigene Arbeit zu erhalten. Eine Studie aus den USA kam zu dem Ergebnis, dass für zwei Drittel dieser Generation das Ausbleiben von regelmäßigem Feedback sogar ein Kündigungsgrund ist. Mitarbeitergespräche und (konstruktives) Feedback zwischendurch werden also wichtiger denn je. Für die Arbeitgeber bedeutet dies zwar einen Mehraufwand, bietet aber auch die Chance, die Berufsanfänger*innen besser ans Unternehmen zu binden.
Das Leben der jungen Menschen findet privat in sozialen Medien statt, daneben in Schule, Berufsschule oder Hochschule – auch hier gehören externe, regelmäßige Bewertungen zum Alltag. Bildungslaufbahn und das (digitale) Privatleben sind also mit ständiger Beurteilung verknüpft – da liegt es nahe, dass dies auch im Berufsleben zu einem Bedürfnis wird. Marc Prensky, einer der Väter des Begriffs „digital natives“, schreibt, sie würden „gedeihen, wenn sie sofortige Anerkennung und regelmäßige Belohnungen“ erhielten. Sie seien es gewohnt, Informationen sofort zu erhalten, zu multi-tasken, zu netzwerken – und dabei kontinuierliches Feedback zu bekommen. Und dies erwarten sie heute auch von ihrem Arbeitsleben.
Abwechslung
Eine weitere Parallele zum digitalen Leben tut sich im Anspruch an den Arbeitsalltag auf: Abwechslungsreiche Tätigkeiten stehen hoch im Kurs. Die Aufmerksamkeitsspanne sinkt, wie etwa das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung festgestellt hat, und gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach Neuem. Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge zögen mehr als zwei Drittel der befragten Generation Z einen Jobwechsel in Betracht, „weil sie sich lediglich Abwechslung wünschten“, wie die Tagesschau berichtet. Das kann in der Arbeitswelt durchaus Probleme zeitigen, bei vielen Berufen kann aber aus der Not gut eine Tugend gemacht werden: als Anlass, die Arbeitsabläufe zu evaluieren, ggf. effizienter und nach Möglichkeit modular zu gestalten.
Weiterbildung
Zudem besteht seitens der jungen Generation ein großes Interesse an Weiterbildungsangeboten, was nicht nur auch der Abwechslung dienen kann, sondern die Arbeitgeber*innen mit aus Eigenmotivation immer besser qualifizierten Arbeitnehmer*innen versorgt. Weiterbildungen können zudem ebenfalls dazu beitragen, die jungen Menschen an das Unternehmen zu binden. „Bieten Sie Ihren jungen Mitarbeitern Etappenziele. So liefern Sie einen Ansporn, damit sie dem Unternehmen treu bleiben“, rät die Recruiting-Expertin Vivien Schaible im Onlinemagazin Handwerk.com mit Blick auf Weiterbildungsangebote.
Work-Life-Balance
Work-Life-Balance war ein Schlagwort für die Millennials, Generation Y, die sich später aber in Teilen durchaus als Workaholics entpuppten. Auch die Generation Z legt darauf Wert, aber wie es scheint: diesmal wirklich. Damit kommen Dinge wie die Vier-Tage-Woche (mit vollem Lohnausgleich), Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und dergleichen mehr ins Gespräch. „Wer nicht über Benefits wie Homeoffice, Workation oder Sabbatical nachdenkt, wird einen Teil dieser Generation als Arbeitgeber erst gar nicht erreichen“, so Julian Stahl. „Flexibilität und Agilität“ seien hier die Stichworte.
Hier ist interessant zu beobachten, wie die Forderungen nach mehr Freizeit teilweise ausgesprochen kritisch beurteilt werden. Dabei haben verschiedene Studien allerlei Positives darüber zu berichten: Beispielsweise eine große isländische Feldforschung mit insgesamt fast 3.000 Angestellten hat gezeigt, dass diese in vier Tagen nicht nur genauso produktiv sind wie sonst in fünf, sondern teilweise sogar noch produktiver. Das liege einerseits an effizienter gestalteten Arbeitsabläufen (z.B. kürzeren Meetings), aber auch daran, dass die Angestellten „weniger Stress trotz reduzierter Arbeitszeit“ hatten, wie Ingenieur.de berichtet. Eine Feldforschung aus Großbritannien mit etwa gleichem Umfang kam zu den gleichen Ergebnissen. Und es braucht eigentlich keiner Studie um zu sehen, dass ausgeglichene Angestellte mit Zeit für Familie und Hobbies besser arbeiten als jene, die diese Zeit nicht haben. Und eine Erhebung aus Deutschland hat gezeigt, dass 54 Prozent der befragten Vollzeitbeschäftigten (nicht nur der Jugendlichen) die 4-Tage-Woche einer Gehaltserhöhung vorziehen würden.
Sinnvolle Arbeit
Mehr als alle anderen Generationen legt die Generation Z Wert auf sinnvolle oder sinnstiftende Arbeit – eine Tätigkeit, die einen Mehrwert für die Gesellschaft erbringt. Für mindestens 40 Prozent ist dies der ausschlaggebende Grund für den Verbleib im Beruf. Hervorzuheben sind hier beispielsweise auch die „green jobs“, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Unter diesem Stichwort werden Berufe aus dem Umweltbereich, Erneuerbaren Energien usw. zusammengefasst – das Segment ist eines der wenigen, in dem trotz Fachkräftemangel die Ausbildungszahlen steigen. Im weiteren Sinne betrifft der Punkt aber auch Tätigkeiten allgemein: Nicht jeder Beruf kann mit sofort und unmittelbar sichtbaren sozialen Mehrwerten glänzen, ist aber dennoch sinnvoll. Für die junge Generation ist es daher wichtig, dass der Kontext und Sinn einer Tätigkeit mindestens genauso gut vermittelt werden wie die Umsetzung der Tätigkeit selbst.
Verantwortungsvolle Arbeitgeber*innen
Ein weiterer Aspekt, der den jungen Menschen wichtig ist und wichtiger wird, ist die Positionierung des Unternehmens zu Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen. Ein Blick in die Medien genügt, um zu sehen, dass für die junge Generation Klimawandel und Umweltschutz Themen sind, die bleiben werden. Und wenn schon der Beruf nicht die Welt rettet, soll wenigsten der Arbeitgeber die Welt nicht zerstören, könnte man zugespitzt formulieren. Aber auch die (Weiter-)Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien in den Unternehmen bedeutet neben dem Mehraufwand eben wiederum eine Chance zur Mitarbeiterbindung.
Herausforderungen und Chancen
Diese gängigsten Ansprüche der Generation Z – die obige Liste könnte noch erweitert werden – stellen die Arbeitgeber*innen zweifellos vor einige Herausforderungen – und nicht zuletzt vor Veränderungsbereitschaft. Zwar ist die Generation vergleichsweise klein, aber ohne sie geht trotzdem nichts. Und offenbar gibt es mehr Startschwierigkeiten als mit vorangegangenen Jahrgängen, aber es ist eben auch eine Jugend, die in buchstäblich anderen Zeiten aufgewachsen ist – die Auswirkungen von sozialen Medien und überall verfügbarem Internet sind kaum zu überschätzen. Zugleich zeigt sich, dass ihre Wünsche trotz der medial gerne veröffentlichten Kritik eigentlich ganz plausibel sind: Unterm Strich sind es gute und moderne Arbeitsbedingungen, ein freundliches Arbeitsklima, interessante Aufgaben und neue Herausforderungen sowie ausreichend Zeit, um auch ein erfülltes Leben neben der Arbeit führen zu können – wer will das alles nicht?
Grundsätzlich bieten sich hier ein guter Anlass und eine Chance, aus dem eingespielten Alltag herauszutreten und zu prüfen, welche Anregungen der jungen Generation nicht vielleicht doch einen Mehrwert haben. Das bietet nicht nur Chancen fürs Marketing. Aktive Arbeitgebende, die ihre Angestellten fördern und einbinden, sind eben auch welche, zu denen ein emotionaler Bezug hergestellt wird und die damit Arbeitnehmer*innen binden. Zudem: Praktisch alles, was sich die Generation Z wünscht, wirkt sich – hinlänglich durch Forschungen belegt – positiv auf die Arbeitnehmerzufriedenheit, das Arbeitsklima und die Produktivität aus. Eigentlich müssten wir uns fragen, warum wir nicht alle schon längst eine solche Arbeitswelt haben.
Genz Z: Umgang & Recruiting– (Digitale) Weiterbildungsangebote für Unternehmen & Hochschulen gibt es hier: vocatium Campus
Quellen:
https://www.ingenieur.de/karriere/arbeitsleben/arbeitgeber/4-tage-woche-studie/
https://leaders-academy.com/magazin/generation-z-verstehen-gewinnen
https://arbeitswelt40.de/die-junge-generation-braucht-feedback/
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/generation-z-berufswelt-101.html
https://onlinemarketing.de/karriere/bueroalltag/gefuehle-zeigen-am-arbeitsplatz-gen-z
https://arbeits-abc.de/generation-z-sie-denken-sie-sind-besser/
https://www.forschung-und-lehre.de/forschung/die-kollektive-aufmerksamkeit-nimmt-ab-1689
https://www.jobteaser.com/de/advices/generation-z-ethik-in-der-berufswelt
https://recyclingportal.eu/Archive/69360
https://www.tecchannel.de/a/die-abgeklaerte-generation-z,3280743
https://www.telekom.com/de/konzern/details/wie-die-generation-z-arbeiten-will-630818
https://www.deutschlandfunkkultur.de/work-live-balance-anspruchshaltung-juengere-generation-100.html
https://www.computerwoche.de/a/zuerst-muss-das-gehalt-stimmen,3614519
https://www.handwerk.com/3-wichtige-tipps-so-halten-sie-die-generation-z
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Generation-Z-hat-eine-unglaubliche-Optionsfuelle-article24144938.html
https://www.dw.com/de/corona-jugend-f%C3%BCrchtet-um-ihre-berufliche-zukunft/a-57364400
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2021/PD21_32_p002.html
11.07.2023