vocatium magazin

Warum ich meine Ausbildung liebe...

Omid Ahadi

Kaufmann für Versicherungen u. Finanzanlagen

Omid Ahadi nimmt den Sonderpreis (500 €) für seinen Text über seine Ausbildung entgegen. /Insttitut für Talententwicklung

Omid Ahadis Geschichte ist beeindruckend und bewegend zugleich. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der sein Schicksal entschlossen in die Hand genommen, sich sozial engagiert und nie aufgegeben hat. Im Frühjahr 2025 wird er seine Ausbildung bei der Allianz Versicherungs-AG in Frankfurt am Main beenden. Vorgesetzte und Kolleg*innen schätzen ihn sehr. Davon konnten wir uns selbst überzeugen, als er einen von drei Sonderpreisen unseres diesjährigen Azubi-Schreibwettbewerbs entgegengenommmen und auch seinen berührenden Siegertext vorgetragen hat.

 

Warum ich meine Ausbildung liebe!

Mein Name ist Omid und ich bin 27 Jahre alt. Anders als die meisten meiner Mitauszubildenden bin ich nicht in Deutschland aufgewachsen. Ich komme aus Afghanistan. Im Alter von 5 Jahren habe ich angefangen zu arbeiten. Ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre. Ich habe Schuhe geputzt. Schuhe von Anzugträgern. Tag für Tag. Und ich dachte: Irgendwann möchte ich auch so einen Anzug tragen. Ich wurde älter. Arbeitete. Hatte keine Zeit, eine Schule zu besuchen – für meine beiden Schwestern wollte ich Geld verdienen, um ihnen einen Schulbesuch zu ermöglichen.

Als ich 18 Jahre alt war, wurden die Probleme mit den Taliban unerträglich und mein Vater entschied, mich nach Deutschland zu schicken. Er sagte zu mir: „Lerne. Baue dir ein gutes Leben.“ Ich versprach es ihm und ging. Es war das letzte Mal, dass ich ihn sah. Ich reiste über die Türkei, Griechenland, Österreich nach Deutschland. Es war hart. Aber ich sagte mir: Wenn ich es schaffe, wird alles besser. Ich dachte an das Versprechen, an meinen Vater und ich hatte mein Ziel vor Augen.

Als ich ankam, suchte ich einen Deutschkurs. Ich wollte weiterkommen und mein Ziel erreichen. Unbedingt. Jeden Tag ging ich zu der Stelle, die die Schulplätze vergab und sagte den einen Satz, den ich auswendig gelernt hatte, immer und immer wieder: „Ich will lernen!“. Und irgendwann geschah das Wunder: Ich bekam einen Platz! Es war sehr schwer für mich, aber ich machte immer weiter. Mein Vater starb in Afghanistan und ich machte weiter. Für ihn. Für mich. Für das Versprechen, das ich ihm gab. Ich lernte Deutsch. Ich machte meinen Hauptschulabschluss, dann meinen Realschulabschluss. Arbeitete nebenbei ehrenamtlich in der evangelischen Kirche. Arbeitete im Kindergarten. Und immer hatte ich das eine Ziel: Ich wollte eine Arbeit, eine Ausbildung, wo ich im Büro arbeite, in einem schönen Gebäude, mit dem PC.

Ohne große Hoffnungen bewarb ich mich als Azubi für Versicherungen und Finanzanlagen unter anderem bei der Allianz. Ich konnte es nicht glauben, als ich tatsächlich eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch bekam! Wegen Corona fand es online statt und ich weiß noch, dass ich es nach meiner Arbeit gerade so rechtzeitig schaffte. Und ich dachte, dass jemand wie ich sowieso nicht genommen wird – obwohl das Gespräch sehr angenehm verlief. Am nächsten Tag klingelte mein Telefon, als ich gerade in einem Einkaufszentrum war. „Herr Ahadi, herzlichen Glückwunsch. Wir wollen Sie sehr gerne nehmen.“ Ich schrie vor Freude und konnte es nicht glauben. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens. Ich war und bin der Allianz unglaublich dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, mich zu beweisen.

Heute bin ich im dritten Lehrjahr und ich liebe alles an meinem Beruf. Ich liebe es, Gesetzestexte zu lesen und zu verstehen (was nicht einfach ist als Nicht-Muttersprachler), ich liebe es, den Kunden zu helfen, ich liebe meine Kolleg:innen und ich liebe die Allianz. Herkunft, Aussehen und Hautfarbe spielen hier keine Rolle. Es geht um Kollegialität, dass man einander hilft und beisteht. Die Ausbildung ist sehr hart für mich, besonders da ich als Kind nie eine Schule besucht habe. Aber ich habe gelernt, dass man alles schaffen kann, wenn man genug Willen und Durchhaltevermögen hat. Ich freue mich sehr darauf, meine Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Und ich liebe es, in schicken Klamotten zur Arbeit zu gehen.

 

Weitere interessante Artikel: AI generiertes Bild: Binärer Code /freepik
Melissa Gerlach Fachinformatikerin Anwendungsentwicklung Wer programmieren kann, kann auf kreative Weise Probleme lösen und das Leben in vielen Bereichen einfacher machen.... weiterlesenWer programmieren kann, kann auf kreative Weise Probleme lösen und das Leben in vielen Bereichen einfacher machen. Melissa Gerlach hat das schon sehr früh für sich als Berufsziel erkannt und arbeitet heute als angehende Fachinformatikerin für Anwendungsentwicklung an spannenden IT-Projekten bei der Heitec AG in Chemnitz. Hier folgt ihre Geschichte zu ihrer Ausbildung.
Illustration mit Buch, Stift und Laptop
vocatium Ausbildungspreis Begeisterte Azubis und ihre Geschichten Gerichtet an Ausbildungsbetriebe und ihre Azubis schreibt das IfT jährlich einen vocatium Ausbildungspreis unter dem... weiterlesenGerichtet an Ausbildungsbetriebe und ihre Azubis schreibt das IfT jährlich einen vocatium Ausbildungspreis unter dem Motto „Warum ich meine Ausbildung liebe“ aus. Auch in diesem Jahr wurden wieder die besten Texte prämiert. In dieser Rubrik präsentieren wir die Gewinnertexte aus diesem und dem Vorjahr und möchten so Schüler*innen, die vor ihrer Berufswahl stehen, eine Entscheidungshilfe geben.
Quelle: www.zoll.de
Viktoria Jost Gehobener nichttechnischer Zolldienst Viktoria ist ein großer Fan ihrer Ausbildung beim Hauptzollamt in Hamburg. Sie arbeitet im gehobenen nichttechnischen... weiterlesenViktoria ist ein großer Fan ihrer Ausbildung beim Hauptzollamt in Hamburg. Sie arbeitet im gehobenen nichttechnischen Zolldienst und bringt mit ihrem Text sehr anschaulich und umfassend die vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben beim Zoll auf den Punkt.

Suchbörse

Praktikum, Ausbildung & Studium

Hier wirst du fündig!

Über die folgende Suchmaske kannst du Firmen, Fach- und Hochschulen sowie Institutionen finden, die Praktikums-, Gap-Year-, Ausbildungs- und Studienplätze anbieten. Auch einige Vereine und Initiativen sind verzeichnet, die soziale Praktika ermöglichen.