Unterricht und Schule

Digitale Werkzeuge in der Schule

Musik- und Kunstunterricht im digitalen Wandel

Dieser Tage starten zwei Forschungsprojekte, um die Chancen und Möglichkeiten digitaler Methoden in den musischen Fächern auszuloten. Dabei könnte bestenfalls eine ganz neue Art des Unterrichts entstehen.


(ps) Obwohl die musischen Fächer nachweislich große pädagogische Potenziale bergen, müssen sie sich oft mit einem Platz unter ferner liefen zufrieden geben – so auch in der schulischen Digitalisierung. Während für Informatik, Naturwissenschaften und Sprachen schon umfangreiche digitale Angebote bestehen und reichlich Forschung betrieben wurde, titelte beispielsweise ein Forschungsaufsatz von 2021 noch „Kunstunterricht digital?“ – mit Fragezeichen. Dabei gibt es gerade auf dem Markt für digitale Kunst- und Musiksoftware, KI, VR etc. eine wahre Flut von Möglichkeiten, an welche die pädagogisch-didaktische Arbeit nur anknüpfen müsste. Mit ambitionierten Forschungsprojekten könnten nun diese Lücken geschlossen werden. In zwei Verbundvorhaben sollen die Einsatzmöglichkeiten unterschiedlichster digitaler Möglichkeiten bis hin zur virtuellen Realität erforscht werden.
 
Digitale Musikproduktion

Digitalisierung ist aus der Musikbranche nicht wegzudenken – und in wenigen Branchen war der Prozess so selbstverständlich. Quasi seit Entdeckung des elektrischen Stroms war die Musikbranche immer an der Spitze der technologischen Entwicklung. Die erste E-Gitarre wurde um 1920 entwickelt – da hatten selbst in Berlin keine 25 Prozent der Haushalte einen Stromanschluss. Mit Synthesizer & Co. war der Übergang zu computergestützten Systemen fließend. Heute ist es längst gang und gäbe, ganze Musikalben aufzunehmen, ohne dass ein einziges (echtes) Musikinstrument auch nur eine Note gespielt hätte. Doch die technischen Mittel im Musikunterricht sind auch heute oft nur: ein Klavier, eine Kreidetafel mit Notenlinien und die Blockflöte.

Die Forscher*innen des Verbundvorhabens „Digitalität – Diversität – Producing: Praktiken populärer Musik in Schule und Weiterbildung“ (DiDiPro) wollen nun die digitale Musikproduktion für den Unterricht greifbar machen: „Das digitale Producing vereint viele Praktiken populärer Musik und birgt daher ein enormes Potenzial für den Musikunterricht“, so Projektkoordinator Prof. Mario Dunkel von der Uni Oldenburg. Das vom Bundesbildungsministerium geförderte Projekt soll bis 2026 laufen und hat das Ziel, „allen Schüler*innen gleichermaßen einen Zugang zu diesen Techniken zu ermöglichen“, wie die Uni Oldenburg in ihrer Mitteilung erläutert. Neben der Entwicklung von Konzepten und Materialien für den Unterricht sind auch Entwicklung und Realisierung von Lehrkräftefortbildungen vorgesehen, an der projektbeteiligten Uni Münster beispielsweise im Bereich DJing und Beatmaking. An der Uni Lüneburg, dritter Projektpartner, steht die „Nutzung von Digital Audio Workstations (DAW) auf mobilen und stationären Computersystemen“ im Zentrum, die „neue Musizierformen in der Schule“ ermöglichen.

Kunst zwischen KI und VR

Im Verbundprojekt „Digitalisierungsbezogene und digital gestützte Professionalisierung von Sport-, Musik- und Kunstlehrkräften“ (DigiProSMK) wird das Spektrum noch erweitert: Während DiDiPro sich auf Populärmusik und Producing konzentriert, wird bei DigiProSMK das Ziel verfolgt, breit gefächerte Fortbildungsangebote für die Fachlehrkräfte zu entwickeln. Auch hier ergeben sich durch die Digitalisierung ungeahnte Möglichkeiten. An der auch hier beteiligten Uni Oldenburg wird beispielsweise die „Vermittlung insbesondere zeitgenössischer Kunst unter Bedingungen von Digitalität und Technologisierung von Kunst und Kunstunterricht“ erforscht. Dabei gehe es insbesondere um „Verfahren wie künstliche Intelligenz, virtuelle und erweiterte Realität“.

Die Möglichkeiten in diesem Bereich sind im Prinzip unbegrenzt. Schon heute gibt es Kunstausstellungen, die in virtuellen Räumen stattfinden. Es gibt VR-basierte Apps, die das Zeichnen, Malen, die Kunstproduktion im virtuellen Raum ermöglichen. Und Künstler wie Jon Rafman oder Ian Chang haben schon Kunstinstallationen gänzlich für die virtuelle Realität geschaffen. Dort auch den Kunstunterricht stattfinden zu lassen, würde zahllose Chancen bieten – denn im virtuellen Raum ist im Prinzip alles möglich: zweidimensionales Malen auf digitalen Leinwänden ebenso wie das Entwerfen dreidimensionaler Kunstobjekte. Die Schüler*innen könnten Kunstausstellungen konzipieren, umsetzen und mit ihren Mitschüler*innen die Ausstellungsräume besichtigen – ohne den Klassenraum je verlassen zu haben.

Natürlich werden auch technisch weniger anspruchsvolle Inhalte entwickelt, die dann z.B. am Tablet umsetzbar sind. Nichtsdestotrotz ist Unterricht mit VR schon heute an manchen Schulen Realität – der führende Anbieter für schulische VR-Brillen ist damit immerhin schon seit 2017 erfolgreich. Insbesondere bei den musischen Fächern schlummern ungehobene Unterrichtsschätze, die völlig neue Lehr- und Lernerfahrungen ermöglichen können. Gerade bei Kunst und Musik, die sich immer auch mit der (Lebens-)Wirklichkeit der Menschen auseinandersetzen, wird es Zeit, die Digitalisierung auch im Unterricht ankommen zu lassen.


Quellen:

https://idw-online.de/de/news818579

https://www.pedocs.de/frontdoor.php?source_opus=21752&la=de#start

https://www.leuphana.de/institute/ikmv/musik/forschungsprojekte.html

https://www.uni-muenster.de/Rektorat/Stellen/ausschreibungen/st_20232605_sk20.html

https://www.uni-potsdam.de/de/kunst/professur-fuer-kunstpaedagogik-und-didaktik/forschung/projekte/digiprosmk

https://lernen.digital/verbuende/digiprosmk/

 

02.08.2023

 

 

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