vocatium magazin

Ausbildung

In eigener Sache

IfT International für Pflegekräfte

Im Interview: Aiping Stintzing, Geschäftsführerin der IfT International GmbH, die junge Chines*innen dabei unterstützt, Ausbildungsplätze in der Altenpflege in Deutschland zu finden.

 

(ps) IfT: Aiping, kannst du skizzieren, wie das abläuft? Was sind die wichtigsten Aufgaben?

Aiping Stintzing: Eine unserer Aufgaben ist es, für junge Talente einen passenden Arbeitgeber in Deutschland zu finden. Wir arbeiten aber nicht nur mit chinesischen Auszubildenden, sondern auch mit chinesischen Fachkräften. Nach der Bewerbung helfen wir bei verschiedenen Aufgaben, zum Beispiel bei Anträgen und Behördengängen. Und wir helfen den Auszubildenden auch bei der Suche nach Schulen. Wenn alle Zusagen vorliegen, beantragen wir das sogenannte „beschleunigte Fachkräfteverfahren“. Das beinhaltet die Arbeitserlaubnis und die Zustimmung der Ausländerbehörde, dann beantragen wir das Visum. Sobald die chinesischen Auszubildenden und Fachkräfte ihr Visum erhalten haben, organisieren wir ihre Einreise. Wir holen sie ab, kümmern uns gemeinsam um Behördengänge und auch um Versicherungen, Banktermine, Krankenkassenkarte, Anmeldung, all diese Dinge. Es geht auch um alltägliche Dinge wie Einkaufen, Mülltrennung in Deutschland, wie die öffentlichen Verkehrsmittel hier funktionieren und wie sie damit zur Arbeit und zur Schule kommen.

IfT: Also bekommen sie quasi auch einen Crashkurs „Leben in Deutschland“?

AS: Ein richtiger Kurs ist es natürlich nicht, aber wir zeigen ihnen viel und begleiten sie. Außerdem haben wir einen Leitfaden erstellt, der auf Chinesisch ist. Den bekommen sie schon, bevor sie nach Deutschland kommen.

IfT: Was hat den Anstoß gegeben, IfT International zu gründen und dieses Projekt zu starten? 

AS: Das war schon 2016, als eine chinesische Organisation auf uns zukam. Die hatte das Programm damals schon angefangen und viele Schüler*innen an der Hand, aber es gab Schwierigkeiten, einen passenden Arbeitgeber zu finden. Durch die IfT GmbH mit den vocatium-Messen hatten wir schon Kontakte zu vielen Ausstellern und verschiedenen Unternehmen. Die haben gefragt, ob wir sie unterstützen können.

Damals konnte ich mir noch nicht vorstellen, dass dieses Projekt zustande kommt. Aber als ich die Lebensläufe gesehen habe, war mein erster Gedanke, dass ich diesen Menschen helfen möchte. Wir haben ein, zwei Leuten geholfen. Dann kamen immer mehr Anfragen und irgendwann wurde es mein Projekt.

IfT: Wie viele Chines*innen konntest du schon vermitteln?

AS: Genaue Zahlen habe ich im Moment nicht, aber ich schätze, dass wir sicherlich knapp 300 Auszubildende und Fachkräfte in Deutschland haben.

IfT: Und wie läuft das in China? Wie findet man dich?

AS:  Wir arbeiten vielfach mit Krankenpflegeschulen und Universitäten in China zusammen. Deutsch als Fremdsprache ist für Chines*innen ziemlich schwierig. Deshalb arbeiten wir gleichzeitig auch mit Sprachschulen zusammen. Wenn die Schüler*innen ungefähr das B1-Niveau in Deutsch erreicht haben und auch Interesse an der Pflege in Deutschland vorhanden ist, dann führen wir weitere Interviews mit den Schüler*innen. Je nach Eignung und Wünschen suchen wir dann passende Arbeitgeber für sie.

Inzwischen gibt es auch viele Empfehlungen von ehemaligen Pflegekräften.

IfT: Und wie ist das Feedback von den Chines*innen, die hier nach Deutschland gekommen sind? Gefällt es ihnen, oder ist der Kulturschock doch größer als erwartet?

AS: Das ist wirklich sehr unterschiedlich. Den meisten gefällt es in Deutschland sehr gut und einige vermissen doch ihre Heimat. Eine Gemeinsamkeit ist, dass fast alle der Meinung sind, dass das Wetter in Deutschland nicht so gut ist. Von einem „Kulturschock“ kann man aus meiner Sicht nicht unbedingt sprechen. Aber das Leben und die Arbeit sind völlig neu und man braucht etwas Zeit, um sich daran zu gewöhnen.  Das Hauptproblem ist zunächst die Sprache. Die Schüler*innen verstehen am Anfang nicht sehr gut und trauen sich noch nicht, zu fragen oder Sachen zu sagen. Meistens sind es solche Probleme, die dann doch etwas deprimierend sind. Aber wenn die Sprachbarriere erst ein mal überwunden ist, gefällt den meisten Leuten das Leben in Deutschland gut. 

IfT: Hat dich auch von den Pflegeeinrichtungen Feedback erreicht?

AS: Ja, die Rückmeldungen aus den Betrieben sind sehr positiv! Ich höre immer wieder von den Einrichtungen: Die chinesischen Mitarbeiter*innen oder Azubis sind freundlich, sehr fleißig und lernschnell. Und auch bei den Bewohner*innen und Patienten kommen sie gut an. Natürlich ist die Sprache am Anfang eine Hürde. Aber nach etwa drei Monaten haben sie sich enorm weiterentwickelt. 

IfT: Wenn die Ausbildungen dann abgeschlossen sind, was machen die Chines*innen? Bleiben sie eher in Deutschland oder gehen sie eher wieder zurück?

AS: Mindestens 90 Prozent der examinierten Pflegekräfte oder anerkannte Pflegekräfte von uns sind in Deutschland geblieben.

IfT: Gibt es bei dem Prozess, die Chines*innen hier nach Deutschland zu bekommen, wiederkehrende Schwierigkeiten, z. B. mit den Behörden oder anderen Stellen?

AS: Ja. Ich finde, dass es in den letzten Jahren etwas einfacher geworden ist. Aber es gibt immer noch eine Reihe von Schwierigkeiten. Das fängt damit an, dass die verschiedenen Bundesländer unterschiedliche Dokumente haben wollen und dass es verschiedene deutsche Botschaften in China gibt, die unterschiedlich schnell arbeiten. Wenn die Auszubildenden und Pflegekräfte in Deutschland sind, haben wir viel mit den Behörden zu tun.

Die Bearbeitungszeit durch die Botschaften und Behörden ist sehr unterschiedlich. Bei manchen muss man ewig warten und hinterherlaufen. Andere sind dagegen superfreundlich und schnell. Mittlerweile vermitteln wir Azubis und Pflegekräfte nur noch in bestimmte Bundesländer, weil wir den Stress nicht mehr aushalten können.

IfT: In der Politik wird ja oft nach ausländischen Fachkräften gerufen...

AS: Ja, es hat sich auf jeden Fall verbessert. 

Z.B. Das „beschleunigte Fachkräfteverfahren“ [Einführung März 2020, Anm. d. IfT] ist eine gute Sache. Das hat unsere Arbeit sehr erleichtert. Das Angebot an Vorbereitungskursen für die Kenntnisprüfung [Anerkennung von Fachausbildungen, Anm. d. IfT] ist in den letzten Jahren auch gestiegen.

IfT: Wie sieht dein Ausblick für die Zukunft aus? Wie wird sich das weiterentwickeln?

AS: Alles hat sein eigenes Tempo. Ich denke, die Regierung oder die Politik tut etwas, und Deutschland braucht Fachkräfte. Aber wir und auch unsere Fachkräfte würden uns sehr freuen, wenn man es nicht nur vereinfachen würde, die Fachkräfte nach Deutschland zu holen, sondern auch den Weg in Deutschland selbst berücksichtigen würde. 

Auch wenn es nicht einfach ist, werde ich das Projekt weiterführen und auch in Zukunft meinen Auszubildenden und den Pflegekräften mit Rat und Tat zur Seite stehen.

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