(ps) Ausbildungsberufe bilden das Rückgrat der Wirtschaft, und entsprechend genau werden die Entwicklungen hier beobachtet. So auch die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) – trotz eines leichten Anstiegs geben sie Anlass zur Sorge. Beispielsweise die FAZ titelt sogar mit „Ausbildung in der Krise“.
Mehr Ausbildungsverträge – weniger Azubis
Laut Destatis wurden 2022 0,6 Prozent mehr Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vorjahr. Das waren in absoluten Zahlen 468.900 Personen. Bereits 2021 habe es einen leichten Anstieg gegeben, nachdem das Pandemie-Jahr 2020 zu einem allgemeinen Einbruch der Ausbildungszahlen geführt habe. Dieses geringe Wachstum kann diesen Einbruch jedoch nicht annähernd ausgleichen: Im Jahr 2019 lag die Zahl der Neuverträge um ganze 8 Prozent höher, deutlich über eine halbe Million Menschen haben damals eine Ausbildung begonnen.
Je nach Branche sind Rückgang und Wachstum bei den Neuverträgen sehr unterschiedlich verteilt. So verzeichnet der Bereich „Industrie und Handel“ ein Plus von 2,9 Prozent, während der Bereich „Handwerk“ trotz stetig steigender Löhne einen Rückgang von 2,3 Prozent hinnehmen muss. Im Bereich „Landwirtschaft“ gab es sogar 5 Prozent weniger Neuverträge. Auch die Gesamtzahl der Auszubildenden geht damit zwangsläufig zurück. Im Jahr 2022 ist sie um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr geschrumpft, Ende ‘22 befanden sich gut 1,2 Millionen Menschen in einer dualen Ausbildung. Selbst die statistischen Gewinner bei den Neuverträgen beklagen einen Rückgang der Azubi-Gesamtzahl: Im Bereich „Industrie und Handel“ etwa gab es 4 Prozent weniger Auszubildende.
Mit Blick auf die Geschlechterverteilung zeigt sich ebenfalls ein gemischtes Bild. Bei den Ausbildungsabsolvent*innen geht die Zahl sowohl bei Männern als auch bei Frauen um etwa 3 Prozent zurück oder um 39.500 Personen. Bei den Neuverträgen liegen die Frauen vorne: 1,1 Prozent mehr Frauen schlossen 2022 einen Ausbildungsvertrag ab, aber lediglich 0,3 Prozent mehr Männer. Im Bereich „Handwerk“ fingen 3 Prozent weniger männliche Azubis neu an, aber 2 Prozent mehr Frauen. Allerdings liegt die Männerquote dort mit 81 Prozent weiterhin deutlich höher.
Ausbildungen sind lukrativer als ihr Ruf
Das Problem rückläufiger Ausbildungszahlen ist jedoch nicht neu. Neben der Demografie zählt zu den Hauptursachen die Konkurrenz aus dem akademischen Bereich: Hier winkt ein im Vergleich zur Ausbildung scheinbar lockeres Leben während des Studiums und ein potentiell besseres Gehalt danach. Dabei lohnt sich ein zweiter Blick: Zwar haben Studierende in der Regel einen flexibleren Stundenplan – dafür haben Azubis bereits währen ihrer Ausbildung ein sogar steigendes Einkommen. Und auch die Gehaltsstatistiken fürs Berufsleben sind trügerisch. Zwar verdienen Akademiker*innen statistisch mehr, wie aber die Deutsche Handwerkszeitung aufzeigt, verzerren hier einzelne Berufe wie Ärzt*innen, Rechtsanwält*innen oder Ingenieur*innen die Quote. Auch mit Ausbildungen könne man gut Positionen erreichen, bei denen das Gehalt „höher liege als das Gehalt vieler Menschen mit Hochschulabschluss.“
Quellen:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/04/PD23_144_212.html
28.04.2023