(ps)
Eigentlich ist das duale Ausbildungssystem in Deutschland ein absolutes Erfolgsmodell – die Kombination von schulischer und betrieblicher, also praxisorientierter Ausbildung wird international als Vorbild gesehen und wurde schon mehrfach kopiert. Dennoch bleiben die Ausbildungszahlen hinter dem Bedarf zurück. Das hat zum einen etwas mit der Demographie zu tun, zum anderen mit der wachsenden Popularität von Gymnasien – die trotz steigender Zahlen von Abiturient*innen in Ausbildungen eher Richtung FH und Uni führen.
Mehr Neuverträge in der dualen Ausbildung – aber...
Dennoch kann sich der Ausbildungssektor in diesem Jahr freuen: Die Zahl der Neuverträge für duale Ausbildungen steigt 2023 um 2,1 Prozent und „gewinnt“ damit sogar gegenüber den Neu-Studierenden, deren Zahl 2023 um lediglich 1,6 Prozent gestiegen ist – wenngleich in absoluten Zahlen mit 481.500 Neu-Studierenden noch um 1.600 Menschen mehr dort anfingen als bei den Neu-Azubis.
Entsprechend sind es erstmal gute Nachrichten, zumal die Neuverträge für duale Ausbildungen den dritten Anstieg in Folge seit dem Corona-Jahr 2020 aufweisen. Allerdings: die Werte liegen dennoch ganze 6 Prozent unterhalb des Niveaus von 2019, dem Vor-Corona-Referenzjahr. Der Anstieg unter den Männern fiel dabei stärker aus als unter den Frauen. So haben 2,8 Prozent mehr Männer in 2023 eine neue Ausbildung begonnen als im Vorjahr – jedoch nur 1 Prozent mehr Frauen.
Gesamtzahl der Azubis bleibt relativ stabil
Durch den Anstieg der Neuverträge ist die Gesamtzahl der Azubis relativ stabil geblieben – Ende 2023 befanden sich gut 1,2 Millionen Menschen in einer dualen Ausbildung und mit einem Rückgang von nur 0,1 Prozent annähernd ebenso viele wie 2022. Folglich hat jedoch der Neuvertrags-Anstieg von 2,1 Prozent nicht ausgereicht um ein Wachstum in absoluten Zahlen auf dem Ausbildungsmarkt zu generieren.
Nicht alle Branchen profitieren
Ferner stecken in den 2,1 Prozent auch teilweise stark unterschiedliche Ergebnisse, wenn man das Wachstum der einzelnen Branchen und Bereiche beleuchtet. So konnte der Öffentliche Dienst mit einem Zuwachs von 5 Prozent am meisten punkten, in der Landwirtschaft gab es einen Zuwachs von 3 Prozent, im Segment „Industrie und Handel“ betrug der Anstieg 2,8 Prozent. Auch im Handwerk, das 2022 noch einen Rückgang von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr einstecken musste, konnte dieses Jahr ein Zuwachs von immerhin 1,9 Prozent erreicht werden. Interessant dabei: dieses Jahr wie auch schon 2022 stieg im Handwerk die Zahl der Neuverträge mit Frauen um jeweils knapp 2 Prozent.
Dennoch kann sich allein der Ausbildungsbereich „Industrie und Handel“ über einen tatsächlichen Anstieg der Auszubildenden in absoluten Zahlen freuen. Hier stiegen sie um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Überall sonst und selbst beim Zuwachs-Gewinner „Öffentlicher Dienst“ waren die absoluten Auszubildendenzahlen dagegen rückläufig.
Recruiting und Präsenz immer wichtiger
Der Ausbildungsmarkt bleibt also trotz einiger positiver Entwicklungen insgesamt angespannt. Entsprechend bleibt Recruiting für die Firmen weiterhin wichtig und wird sogar wichtiger. Im Branchenmagazin „Personalwirtschaft“ der F.A.Z.-Gruppe wird Julia Göpel vom Regierungspräsidium Kassel, also aus dem Öffentlichen Dienst, mit dem bezeichnenden Satz wiedergegeben, dass man „sich nun auch als Arbeitgeber bei den Bewerbenden“ bewerbe. Während es also früher gereicht habe, eine Stellenanzeige zu schalten, brauche es heute Präsenz auf allen medialen Ebenen, von Werbefilmen bis hin zu Flyern. Und natürlich auch Berufswahlmessen.
Quellen:
Destatis: PM Nr. 151 vom 12. April 2024: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/04/PD24_151_212.html
Personalwirtschaft (online): L. Onderka: Wieder mehr Menschen beginnen eine Ausbildung: https://www.personalwirtschaft.de/news/personalentwicklung/wieder-mehr-menschen-beginnen-eine-ausbildung-173720/
16.04.2024