(ps)Der voranschreitende Klimawandel stellt global Wirtschaft und Gesellschaft vor zunehmende Probleme, die annähernd alle Bereiche betreffen. Die weltgrößte Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hat nun eine Studie vorgelegt, in der die Auswirkungen auf den globalen Arbeitsmarkt beleuchtet werden. Das zentrale Ergebnis: "Mehr als 800 Millionen Arbeitsplätze weltweit - etwa ein Viertel der heutigen Erwerbsbevölkerung - sind durch die Auswirkungen des Klimawandels und der wirtschaftlichen Transformation zu Netto-Null-Emissionen betroffen."
Das bedeutet, dass diese Arbeitsplätze aus verschiedenen Gründen wegfallen oder bedroht sein könnten. Betroffen seien vor allem "Jobs in der Landwirtschaft, in Energie und Bergbau, in der Schwerindustrie und im Verarbeitenden Gewerbe, im Transportgewerbe sowie im Bauwesen." Die Gründe erläutert Prof. Bernhard Lorentz, der den Bereich "Klima-Strategie" bei Deloitte leitet: "Ein Teil dieser Branchen steht aufgrund der hohen Emissionsintensität vor einer tiefgreifenden Disruption. Andere Industrien wie die Agrarwirtschaft sind besonders anfällig für Schäden durch Klimaextreme wie Überschwemmungen, Hitze oder starke Unwetter. Beides hat entsprechende Auswirkungen auf die Jobs."
Auf der anderen Seite sehen die Studienautor*innen durch die Wirtschaftsumstellung hin zu Netto-Null-Emissionen auch bedeutende Chancen. "Durch eine aktive Gestaltung der Transformation könnte die Dekarbonisierung bis 2050 mehr als 300 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze hervorbringen", so Lorentz. Ein "schnellerer, geplanter Übergang" könne sogar "zahlreiche Vorteile bringen", beispielsweise mehr Arbeitsplatzsicherheit und gerechtere Löhne. Hierfür brauche es jedoch zielgerichtete Investitionen in eine neue "'grüne' Arbeiterschaft" bzw. "Green-Collar-Arbeitskräfte", vor allem in den besonders betroffenen Regionen im asiatisch-pazifischen Raum und Afrika. Hier seien die Probleme groß, aber auch die Chancen.
So entstünden "völlig neue Berufe für sich wandelnde oder ganz neue Branchen." Maren Hauptmann von Deloitte betont: "Die Green-Collar-Arbeitskräfte und ihre Fähigkeiten sind Treiber des nachhaltigen Wandels." Dabei sei eine der zentralen Fragen, "wie die Teilhabe der Menschen an einer dekarbonisierten Zukunft gesichert werden kann. Der Schlüssel sind Investitionen in die Kompetenzförderung - von der Schul- und Hochschulbildung bis zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Dies muss zu den Top-Prioritäten für Politik und Unternehmen gehören."
Auch in Deutschland sind die Auswirkungen dieser Prozesse bereits zu spüren. Seit Jahren gehören die auch "green jobs" genannten Berufe zu den größten Wachstumsbereichen der Wirtschaft, auch hinsichtlich der Azubi-Zahlen – und es könnten noch viel mehr sein. Deloitte sieht Deutschland aber auf einem guten Weg und es "auch künftig eine Vorreiterrolle übernehmen." Es gelte jedoch: "Klimaschutzmaßnahmen und Investitionen in den grünen Umbau der Wirtschaft müssen weiterhin zügig auf den Weg gebracht werden."
Dass in Deutschland großes Interesse am Thema bei den jungen Menschen besteht, zeigen auch zahlreiche Generations-Studien. Während lange Zeit die Karriere als solche und das entsprechende Einkommen zu den Hauptmotivationen junger Menschen zählten, wird nun das Bedürfnis nach sinnvoller Arbeit allgemein, und im speziellen nach Berufen, die einen positiven Beitrag gegen den Klimawandel leisten, immer größer. Problematisch könnte hier ein ganz anderer Aspekt werden – Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetages, sagte erst im September: "Um die Klimaziele zu erreichen, braucht es ab 2025 rund 400.000 zusätzliche Erwerbstätige aus Handwerk und Technik" – wo die herkommen sollen, ist jedoch eine bislang ungelöste Frage.
Die Studie in ganzer Länge (kostenfrei):
https://www2.deloitte.com/de/de/pages/sustainability1/articles/work-towards-net-zero-klimawandel-und-arbeitswelt.html
Quellen:
https://www.presseportal.de/pm/60247/5364223